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Jugendstilbäder in Deutschland

Mittlerweile gibt es in Deutschland nur noch wenige Jugendstilbäder, die ihrem ursprünglichen Zweck dienen. Einen Eindruck vom Glanz und der Schönheit dieser Badeanstalten erhält man beim Besuch der folgenden Seiten.
Zur Geschichte des Volksbades

Das Volksbad in Nürnberg entstand kurz vor Ausbruch des 1. Weltkriegs und kann somit zu den jüngeren Jugendstilbauten Deutschlands gezählt werden. Die ersten Überlegungen, eine Hallen-Badeanstalt in Nürnberg zu errichten, wurden bereits im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts vorangetrieben. Als man sich in Nürnberg endlich entschloss, eine Badeanstalt zu bauen, besaßen andere Städte schon seit längerer Zeit eine derartige Einrichtung. Das Müller’sche Bad in München z. B. nahm seinen Betrieb bereits im Jahr 1901 auf. Die Stadt Nürnberg benötigte noch mehr als zehn Jahre, um die Pläne zum Bau des Volksbades zu verwirklichen.

Von 1911 bis 1913 entstand im südwestlich gelegenen Stadtteil Gostenhof, auf dem Gelände der ehemaligen Gasanstalt der Stadt Nürnberg das Volksbad. Die Stadtväter wählten den Ort ganz bewusst, denn das Bad lag somit in einem der größten Arbeiter- und Wohnviertel Nürnbergs. Um 1910 lebten dort nach neueren Schätzungen ca. 44.000 Einwohner. Der Großteil der dort ansässigen Bevölkerung lebte in Mietskasernen. Enge, zum Teil völlig überbelegte Räume, mit schlecht gelüfteten und schwach ausgeleuchteten Zimmern, deren sanitäre Einrichtungen ebenfalls zu wünschen übrig ließen, waren dort die Regel. Deshalb war es erforderlich, Maßnahmen für eine besser Hygiene zu ergreifen, um der Gefahr von Epedemien und sich ausbreitenden Krankheiten vorzubeugen. Die Stadt Nürnberg sah in dem Bau einer Badeanstalt diesen Zweck erfüllt. Zwar besaß man vor dem 1. Weltkrieg schon mehrere Flussbadeanstalten, doch konnten diese natürlich nur während der besseren Jahreszeit genutzt werden. Mit Hilfe des Volksbades konnten Nürnbergs Bürger nun auch in den Herbst- und Wintermonaten die gewünschte Hygienevorsorge und Körperertüchtigung betreiben.

Die Baukosten für das Volksbad beliefen sich auf rund 1,8 Mio. Reichsmark. Geplant waren eigentlich Kosten in Höhe von 1,4 Mio. Reichsmark. Anscheinend hatte man schon damals damit zu kämpfen, Kalkulationen bei der Errichtung von Gebäuden richtig vorzunehmen. Letztlich überstiegen die Baukosten das veranschlagte Budget um rund 400.000 Reichsmark. Dafür erhielt die Stadt allerdings ein äußerst modernes Bad, das mit seinen Einrichtungen sowohl in technischer Sicht als auch was den Komfort anbetraf seiner Zeit voraus war. So verfügte es über Einzel- sowie Sammelumkleidekabinen und zur Wasserversorgung war ein eigener Wasserturm errichtet. Ein Kesselhaus mit Koksbefeuerung sorgte für warmes Wasser und mit Hilfe einer Überdrucklüftung, sollte der Luftaustausch durch eindringende Kaltluft möglichst minimiert werden. Somit befand sich das Volksbad gemessen an seiner technischen Ausstattung also auf der Höhe der Zeit. Es sprach sich rum, das Nürnberg ein äußerst modernes Bad besaß, so dass auch andere Städte im Deutschen Kaiserreich der Stadt Nürnberg einen Besuch abstatteten, nur um das Volksbad kennenzulernen.

Der Badekomplex selbst verfügte über drei voneinander getrennte Schwimmhallen, die über eine geräumige Eingangshalle erreichbar waren. Zwei der Hallen dienten den Herren als Männerschwimmhallen und eine Halle war als Frauenschwimmhalle konzipiert. Denn damals gingen Männern und Frauen noch ganz züchtig getrennt zum Schwimmen. Darüber hinaus besaß das Volksbad mehrere Brause- und Wannenbäder, Dampfbäder im römischen Stil, eine Wäscherei mit Wäscheausgabe, einen Frisör-Salon mit Bader und man höre und staune, sogar über ein eigenes Hundebad. Das Volksbad erfreute sich von Anbeginn großer Beliebtheit bei der Bevölkerung und erfuhr bis zum Kriegsausbruch einen regen Zuspruch. Schon in der Anfangszeit kamen bis zu 3.000  Besucher täglich in das angenehm gestaltete Bad.

Mit Ausbruch des 1. Weltkriegs musste das Volksbad nach einer relativ kurzen Betriebszeit zunächst seine Pforten schließen. Das betraf im Übrigen noch weitere öffentliche Einrichtungen der Stadt. Knapp ein Jahr später konnte das Volksbad aber trotz des Krieges den Betrieb mit eingeschränkten Öffnungszeiten wieder aufnehmen Natürlich wirkte sich der Krieg auch negativ auf die Besucherzahlen aus. Nach dem Krieg musste das Bad aufgrund der schlechten Wirtschaftslage einen ersten Niedergang verkraften. Der Badebetrieb entwickelte sich zu einem hohen Zuschussgeschäft. Selbst in der kurzen Periode der "Goldenen Zwanziger" Jahre des 20. Jahrhunderts musste das Volksbad von der Stadt nicht unerheblich bezuschusst werden, obwohl die Besucherzahlen wieder anzogen.

In den 30er Jahren fingen die Nationalsozialisten damit an, das Bad zur Körperertüchtigung für ihre Organisationen zu vereinnahmen. Mit der Verkündung der Rassegesetze im Jahr 1935 wurde den jüdischen Bevölkerungsschichten die Nutzung der Einrichtung zunehmend erschwert. Schließlich schloss man Juden ganz vom Badebetrieb aus. Als der 2. Weltkrieg im Jahr 1939 ausbrach, endete die starke Frequentierung des Bades abrupt. Die Badezeiten wurden wie bereits 1914 reduziert und schließlich sogar ganz eingestellt. Das für den Betrieb benötigte Koks unterlag nun einer kriegswichtigen Verwendung. Stattdessen richtete man im Volksbad großflächige Luftschutzmaßnahmen ein und verdunkelte zu diesem Zweck das Gebäude in weiten Teilen. Im Keller des Gebäudes entstanden Luftschutzräume für die umliegende Bevölkerung. Aber auch diese Maßnahmen konnten das Volksbad vor der Kriegszerstörung nicht retten. Bei Luftangriffen im Verlaufe des Krieges erhielt das Volksbad mehrere Bombentreffer. Dadurch wurden die Kuppeln der Schwimmhallen überwiegend zerstört. Aber schon kurz nach Kriegsende sprachen sich erste Stimmen für den Erhalt des Volksbades aus. Das rettete zumindest den Bestand des Bades nach 1945.

Die Nürnberger hielten nämlich ihrem Volksbad die Treue und so entschied man, das Bad - wenn auch in vereinfachter Form - wieder aufzubauen. Schon Ende der 40er Jahre konnte das Volksbad, zwar mit eingeschränktem Badebetrieb, erneut zur Nutzung freigegeben werden. Allerdings war das Bad erst nach einem Sanierungszeitraum von ca. 15 Jahren Anfang der 60er Jahre wieder komplett nutzbar.

In den 70er Jahren ging jedoch der bis dahin weitgehend gut verlaufende Badebetrieb beständig zurück. Zwischenzeitlich waren in Nürnberg mehrere neue Bäder entstanden, die dem Zeitgeschmack entsprechend dem wachsenden Freizeitvergnügen besser Rechnung trugen als das Volksbad. Da die Besucherzahlen abnahmen, schob die Stadt dringend anstehende Sanierungsarbeiten auf. Seit Mitte der 70er Jahre machte man nur noch das Nötigste, um das Bad zu erhalten. Das trug nicht unbedingt zur Steigerung der Attraktivität des Volksbads bei. Schließlich belief sich die Bezuschussung des Bades zuletzt auf ca. 2,7 Mio. DM jährlich. Der abnehmende Zuspruch und die steigenden Unterhalts- und Sanierungskosten führten zu einer schleichenden Schließung des Volksbades. 1972 musste z. B. der Saunabereich für immer seine Tore schließen. Noch investierte die Stadt in das Bad und obwohl verschiedene Modernisierungsmaßnahmen in die Wege geleitet wurden, so z. B. der Einbau neuer Umkleidekabinen, das Aufstellen von Kassenautomaten sowie die Errichtung einer Caféteria, ließ sich damit nicht mehr der gwünschte Erfolg erzielen. Zu halbherzig fielen all diese Maßnahmen aus. Nach und nach mussten deshalb weitere Bereiche des Bades, vor allem wegen der schlechten baulichen Substanz, geschlossen werden, unter anderem die Wannenbäderabteilung. Am Ende der 80er Jahre war dann sogar die Statik des Gebäudes großflächig beeinträchtigt, so dass letztlich auch ganze Bereiche der Schwimmhallen geschlossen werden mussten. Das Volksbad wirkte nun zunehmend antiquiert und gegenüber anderen Badeanstalten unansehnlich. Es versprühte nun eher den Charme der Küchenschabe. Als die Besucherzahlen schließlich auf einem absoluten Tiefpunkt angelangt waren, ließ sich die Aufrechterhaltung des Badebetriebs schon alleine aus wirtschaftlicher Sicht nicht mehr rechtfertigen. Im Jahr 1994 - genau 80 Jahre nach Eröffnung - schlossen sich die Eingangspforten des Volksbades endgültig.

Seitdem steht das Volksbad, eine Perle des Jugendstils, nun leer und der Zahn der Zeit nagt unaufhaltsam an ihm. Die mittlerweile schlechte Substanz hinterlässt einen bemitleidenswerten Eindruck von dem Gebäude. Vom ehemaligen Glanz dieses wunderschönen Bauwerks ist nicht mehr viel übrig geblieben. Doch betritt man die Empfangshalle und die Schwimmhallen, so strömen sie nach wie vor einen ungeahnten Charme auf die Besucher aus. Trotzdem ist und bleibt das Volksbad - auch architektonisch gesehen - ein reizvolles und schmuckes Objekt, das einen unweigerlich in seinen Bann zieht.

Fotos und Grafiken mit freundlicher Genehmigung von UlrichAAB und