Trotzdem gab es da etwas, das mich insbesondere am Volksbad
faszinierte, nur eine Erklärung hatte ich nicht dafür. Wenn ich mir
heute, da ich älter geworden
bin, Bilder ansehe, dann erkenne ich es. Auf einmal fällt es mir leicht,
zu bestimmen, was das Besondere des Volksbads ausmachte. Denn im
Volksbad ging es nie
so laut
und hektisch wie in den anderen Badeanstalten zu. Es war, als ob die
Zeit stehen geblieben ist und
gleich ein strenger Bademeister mit Kaiser-Wilhelm-Bart und im
geringelten
Schwimmanzug der Jahrhundertwende um die Kurve kommen würde. Schon beim
Betreten der
großen Eingangshalle nahm einen die beeindruckende
Jugendstilarchitektur gefangen. Im Entree Stand ein kleiner
Holzpavillon, der die Zeit zu überdauern schien.
Hier war einst die Wäscherei und Wäscheausgabe untergebracht.
Zwar hatten die Segnungen der Moderne auch schon im Volksbad Einzug
gehalten, aber der Ausstrahlung des Gesamtgebäudes tat das keinen
Abbruch. Vor dem schönen Treppenhaus standen Kassenautomaten und
Drehkreuze und wirkten ein wenig wie ein Fremdkörper dort hinein
gestellt. Aber ohne diese Maßnahme hätte das Bad wohl schon früher seine
Tore schließen müssen.
Die große Eingangshalle wirkte wie der
Wartesaal eines Bahnhofs. Man vermutete nicht, dass man sich in einer
Badeanstalt befand. Nur die herein und wieder herausgehenden Badegäste
verrieten einem, dass man sich wirklich in einem Bad befand. Hinter
den
Drehkreuzen ging es dann links und rechts über großzügig angelegte
Treppenaufgänge zu den drei Schwimmhallen. Oben
auf der Galerie der Bäder gab es Umkleidekabinen, in denen man
seine
Bekleidung - wie in früheren Zeiten - direkt in der Kabine einsperren
konnte. Im unteren Bereich
befanden sich ebenfalls Umkleidekabinen und die Duschen. Von dort aus
spazierte man dann an das Becken. Sobald man den Beckenbereich betrat,
musste man
unweigerlich in Demut verharren. Für denjenigen, der sich von oben
Richtung auf das Schwimmbecken zubewegte, war der Eindruck noch
erhebender, denn er lief über eine Treppe
hinunter wie Leonardo di Caprio auf der "Titanic". Anschließend stand
man vor
dem
langgezogenen, gefließten Schwimmbecken. Die Decke nach oben erhob sich
wie eine Kathedrale. Der Blick, der auf das Becken und auf die auf der
Galerie befindlichen
Umkleidekabinen gelenkt wurde, ließ den ehrwürdigen Charakter dieses
architektonischen Bauwerks dann endgültig zu Tage treten. Der Begriff
"Schwimm- und Bade-Tempel" ist in diesem Fall sicherlich nicht zu
kurz gegriffen, denn man ging geradezu ehrfürchtig ins Wasser. Bei
keinem anderen Bad Nürnbergs gab es eine vergleichbare Symbiose zwischen
Zweckbau und Architektur wie hier im Volksbad.
Wer ins Volksbad ging, wollte schwimmen und nicht hektisch herumtoben.
Es war als ob Lärm und Hektik durch das Gebäude geschluckt würden. Hier
konnte man seinem Sport in
Ruhe und Entspannung nachgehen. Das
Volksbad strahlte Ruhe und Gediegenheit,
aus und unterschied sich dadurch von den
anderen Schwimmbädern in Nürnberg.
Damals konnte ich mir nicht vorstellen, dass das Volksbad einmal seine
Pforten schließen würde. Als ich im Jahr 2004, nach fast 16 Jahren
Abwesenheit wieder in meinen Heimatstadt zurückkehrte, musste ich leider
feststellen, dass
das stets beliebte Bad in der Zwischenzeit
geschlossen war und nicht mehr genutzt wurde. So tut es mir in der
Seele weh, ansehen zu müssen, dass sich anscheinend niemand finden
lässt, der zusammen mit der Stadt die finanziellen Mittel aufbringen
mag, dieses Jugendstil-Kunstwerk in seiner bestimmenden Funktion zu
bewahren. Als
geschichtsbewusster Mensch ist mir sehr am Erhalt des Volksbades
gelegen. Ich bin aber Realist genug, um zu erkennen, dass das nur geht,
wenn sich
genügend Gleichgesinnte finden, die sich aktiv dafür einsetzen und auch
mit Nachdruck werben.
Deshalb rufe alle dazu auf, die ein Stück besondere Architektur in
Nürnberg bewahren wollen, sich für
den Erhalt des Volksbads einzusetzen. Treten Sie als fördernde
Mitglieder der Kultur-Initiative
Volksbad bei und helfen Sie mit, das Volksbad zu retten. Warum
soll
es Nürnberg nicht endlich auch einmal gelingen
gelingen, ein großes, bedeutsames und denkmalgeschütztes Kulturbauwerk
für die
Nachwelt zu erhalten? Andere Städte haben den Mehrwert einer
derartigen
Einrichtungen bereits erkannt und ihre Jugendstilbäder aufwändig
restauriert und in ihrer Funktion erhalten. In einer immer
schneller und hektisch
werdenden Zeit ist jeder dankbar, wenn er Raum zur Erholung und
Entspannung findet. Gerade das Volksbad könnte so eine Oase der Ruhe
werden, wenn sich alle intensiv dafür einsetzen.
Auf der folgenden Seiten werde ich deshalb ein wenig zur
geschichtlichen
Enstehung dieses
Badetempels schreiben und auf die derzeit noch unbestimmte Zukunft des
Bades hinweisen.
Vielleicht wecke ich ja das Interesse des einen oder anderen,
sich
für dieses wunderbare Bauwerk einzusetzen.
Fotos und Grafiken mit freundlicher Genehmigung von UlrichAAB und Matthias Weinrich http://www.nuernberginfos.de/bauwerke-nuernberg/volksbad-nuernberg.html