Da der Individualverkehr noch in den Kinderschuhen steckte, trug der
schienengebundene Verkehr auf deutschem Gebiet noch immer die Hauptlast
des Transportwesens. Es war ein Gebot der Stunde, die infrastrukturellen
Voraussetzungen zu schaffen, dass das Verkehrswesen auf der Schiene
schnell wieder in Gang kam. Aufgrund dieser Voraussetzungen gestaltete
sich in den
ersten 10 Jahren nach Kriegsende die Zusammensetzung der Zuggarnituren
recht bunt.
Alte Abteilwagen aus der Kaiserzeit liefen zusammen mit moderneren
Umbauwagen oder moderne F-Zug-Garnituren wurden von alten preußischen
Dampflokomotiven gezogen. Die Beseitigung der Kriegsschäden sollte sich
bei der Bahn über Jahrzehnte hinziehen. Dennoch erbrachten Eisenbahner
aller Sparten eine immense Aufbauleistung und mit der Gründung der
Deutschen Bundesbahn in den Westzonen Deutschlands konnte - zumindest
bis der Individualverkehr die Oberhand gewann - eine Erfolgsgeschichte
geschrieben werden. Kohorten von Beamten und Angestellten trugen das
Verkehrswesen mit Hilfe der Bahn und ihrem unermüdlichen Einsatz zu
einer
Blüte in den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts. Fast alle
Massen- und Gütertransporte wurden in dieser Zeit auf der Schiene
befördert. Der Straßenbau - insbesondere der Fernstraßenbau - steckte
damals noch in den Kinderschuhen und war noch lange nicht ausgedehnt,
wie heute. Menschen mussten aber auch damals von A nach B befördert
werden und das war
in großem Stil nur mit Hilfe der Bahn möglich. Die Betriebsführung
erfolgte noch durch den Einsatz von Man-Power und war nicht
automatisiert. Um
den Betrieb störungsfrei aufrecht zu erhalten, benötigte man deshalb
einen sehr
umfangreichen Personalkörper. Heizer, Lokführer, Schaffner,
Wagenmeister, Rangierer, Bahnhofsvorsteher, Streckenläufer,
Schrankenwärter, technisches Personal in den Betriebs- und Werkstätten
und Service-Kräfte in den Bahnhöfen und auf den Bahnsteigen. Die
Rotten-Arbeiter verlegten unermüdlich neue Gleise. Vieles
davon können wir uns heute gar nicht mehr vorstellen, sofern man es
nicht noch selbst miterlebt hat.
Schon wenige Jahre nach dem Krieg begann die Bundesbahn ihren Fuhrpark
sowie ihre gesamte Infrastruktur zu modernisieren. Mit dem aufkommenden
TEE-Verkehr ab dem Jahr 1957 begann zudem die Ära eines Länder
übergreifenden europäischen Zugzeitalters. Die Deutsche Bundesbahn
stellte hierfür weltweit beachtete Dieseltriebwagengarnituren in
Dienst, die sich allgemeiner Beliebtheit erfreuten. Seit Mitte der 50er
Jahre trieb sie auch
auch die Traktionsumstellung von der Dampflokomotive auf die
effektiveren Diesel- und Ellok-Fahrzeuge voran. Die letzten
zwei dampfbetrieben Schnellzuglokomotiven kamen Mitte der 50er Jahre
zur DB. Da war bereits die Traktionsumstellung in Gange und so war
diesen Lokomotiven nur eine kurze Einsatzzeit vergönnt
Nach knapp zehn Jahren wurden sie ausgemustert. Im Laufe der Zeit
lichtete
sich der Bestand der Dampfrösser und 1977 gewöhnte sich die DB
endgültig das "Rauchen" ab. Der Traktionswandel war vollzogen. Durch
die Teilung beider deutscher Staaten konzentrierte sich die Bundesbahn
auf die Transporte innerhalb Westdeutschlands. Abgesehen von den
Interzonenzügen musste man akzeptieren, dass der Verkehr an der
innerdeutschen Grenze von zwei deutschen Bahngesellschaften bewältigt
wurde. Im Grenzgebiet dünnten sich die Übergänge von Ost nach West und
umgekehrt über die Jahre der Teilung hinweg immer stärker aus. Letztlich
blieben nur noch wenige Grenzverbindungen in die DDR übrig.
Je mehr der Wohlstand in der Bundesrepublik wuchs, umso stärker nahm auch der Individualverkehr zu und trat in Konkurrenz zur Bahn. Wer konnte, kaufte sich nun ein Auto und machte es der DB dadurch doppelt schwer. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, musste sie sich nicht nur wirtschaftlich sondern auch technisch gut aufstellen. Leider vernachlässigte die Politik die DB sehr stark. Sie verkannte hingegen die Bedeutung des Schienenverkehrs, was ebenfalls dazu führte, dass sich die DB zu einem defizitären Staatsunternehmen entwickelte. So lag es an der Bahn selbst, die passenden Antworten zu finden. Seit dem Ende der 60er Jahre kam es aus Gründen der Rationalisierung vermehrt zu ersten, großflächigen und auch schmerzlichen Streckenstilllegungen. Dort, wo eine effiziente Zugförderung z. B. mit lokbespannten Garnituren nicht mehr rentabel war, setzte man den so genannten "Retter der Nebenbahnen", den Schienenbus ein. Das alleine reichte aber nicht, um gegenüber der immer stärker werdenden Konkurrenz auf der Straße und in der Luft bestehen zu können. Neue Konzepte für ein modernes Transportwesen auf der Schiene waren notwendig. Ende der 70er Jahre führte die Bahn deshalb das Takt-System mit dem Intercity-Verkehr, kurz IC ein. In einem Rhythmus von zwei Stunden sollte jede größere Stadt in der Bundesrepublik angefahren werden können. Im Gütertransport setzte sich hingegen zunehmend der Container- und auch "Hucke-Pack"-Betrieb durch. Er erlaubte eine Vereinheitlichung der Transportbehälter, die anhand geeigneter Verladestationen einen schnellen Wechsel vom Schiff auf die Schiene und von der Schiene auf die Straße erlaubten. In den 80er Jahren wurde die Taktfrequenz im IC-Verkehr sogar auf eine Stunde ausgeweitet. Damit war es möglich noch zügiger und öfter die gewünschten Zielbahnhöfe anzufahren. Dennoch kam die DB gegen die Konkurrenz der Straße und in der Luft nicht an. Sie versuchte sich nun so zu positionieren, dass sie Züge einsetzte, die zwar schneller als das Auto, aber langsam, dafür komfortabler als ein Flugzeug sein sollten. Zum Ende der 80er Jahre wurde der Intercity Experimental, kurz ICE vorgestellt. Auf extra errichteten Neubaustrecken wurde die Fahrzeit zwischen den Bestimmungsorten erheblich reduziert. Der moderne Eisenbahn-Schnellverkehr hatte in Deutschland Einzug gehalten. Der ICE-Verkehr bildet heute das Rückgrat des deutschen Schienenverkehrs und schreibt somit die Eisenbahngeschichte weiter.
Mit der Wiedervereinigung im Jahr 1990 existierten plötzlich wieder
zwei Bahngesellschaften auf einem einheitlichen Staatsgebiet - die
Bundesbahn im Westen und die Deutsche Reichsbahn (DR) im Osten.
Umfangreiche Rationalisierungsmaßnahmen auf beiden Seiten führten zu
einem drastischen Personal- und Materialabbau. Dies war jedoch
erforderlich, um auch weiterhin den wettbewerblichen Anforderungen
gerecht zu werden und
konkurrenzfähig zu bleiben. Im Jahr 1994 fusionierten deshalb beide
Bahngesellschaften zur Deutschen Bahn, ein privatwirtschaftliches
Unternehmen, aus welchem sich der Staat weitestgehend zurückgezogen
hat. Nach mehr als 40 Jahren gab es damit wieder eine einheitliche
Bahngesellschaft für Gesamt-Deutschland. Die Deutsche Bundesbahn als
auch die Deutsche Reichsbahn hörten damit auf als staatliche Betrieb zu
existieren und
symbolisch fand im Schienenverkehr die Wiedervereinigung beider
deutscher Staaten statt.
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