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Die Deutsche Bundesbahn (1946 - 1994)

plakate der deutschen bundesbahnNach dem Ende des 2. Weltkriegs lag Deutschland in Schutt und Asche. Eine sinnlose "Verbrannte Erde"-Politik der Nationalsozialisten hatte am Ende des 3. Reichs dazu geführt, dass abgesehen von den alliierten Angriffen die Verkehrswege auch durch die eigene Bevölkerung vernichtet wurden. Am Ende des Krieges existierte deshalb keine brauchbare Infrastruktur mehr auf deutschem Gebiet. Die Städte waren größtenteils zerstört, ebenso die Straßen und Schienenwege. Die Bahn als Hauptverkehrsträger hatte besonders schwer unter den Bombenangriffen und Zerstörungen gelitten. Was nicht durch Kriegseinwirkung vernichtet war, befand sich in solch schlechten Zustand, dass auch dieses Material in weiten Teilen nicht mehr eingesetzt werden konnte. Bis Ende 1945 hatte man einen Bestand von fast 18.000 Regelspur-Dampflokomotiven gezählt. Der Großteil dieses Fuhrparks war jedoch zerstört und ließ sich nicht mehr instandsetzen. Darüber hinaus bestanden umfangreiche Rückforderungsansprüche europäischer Nachbarländer, von denen man während der Kriegsjahre das rollende Material einfach requiriert hatte.

Da der Individualverkehr noch in den Kinderschuhen steckte, trug der schienengebundene Verkehr auf deutschem Gebiet noch immer die Hauptlast des Transportwesens. Es war ein Gebot der Stunde, die infrastrukturellen Voraussetzungen zu schaffen, dass das Verkehrswesen auf der Schiene schnell wieder in Gang kam. Aufgrund dieser Voraussetzungen gestaltete sich in den ersten 10 Jahren nach Kriegsende die Zusammensetzung der Zuggarnituren recht bunt. Alte Abteilwagen aus der Kaiserzeit liefen zusammen mit moderneren Umbauwagen oder moderne F-Zug-Garnituren wurden von alten preußischen Dampflokomotiven gezogen. Die Beseitigung der Kriegsschäden sollte sich bei der Bahn über Jahrzehnte hinziehen. Dennoch erbrachten Eisenbahner aller Sparten eine immense Aufbauleistung und mit der Gründung der Deutschen Bundesbahn in den Westzonen Deutschlands konnte - zumindest bis der Individualverkehr die Oberhand gewann - eine Erfolgsgeschichte geschrieben werden. Kohorten von Beamten und Angestellten trugen das Verkehrswesen mit Hilfe der Bahn und ihrem unermüdlichen Einsatz zu einer Blüte in den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts. Fast alle Massen- und Gütertransporte wurden in dieser Zeit auf der Schiene befördert. Der Straßenbau - insbesondere der Fernstraßenbau - steckte damals noch in den Kinderschuhen und war noch lange nicht ausgedehnt, wie heute. Menschen mussten aber auch damals von A nach B befördert werden und das war in großem Stil nur mit Hilfe der Bahn möglich. Die Betriebsführung erfolgte noch durch den Einsatz von Man-Power und war nicht automatisiert. Um den Betrieb störungsfrei aufrecht zu erhalten, benötigte man deshalb einen sehr umfangreichen Personalkörper. Heizer, Lokführer, Schaffner, Wagenmeister, Rangierer, Bahnhofsvorsteher, Streckenläufer, Schrankenwärter, technisches Personal in den Betriebs- und Werkstätten und Service-Kräfte in den Bahnhöfen und auf den Bahnsteigen. Die Rotten-Arbeiter verlegten unermüdlich neue Gleise. Vieles davon können wir uns heute gar nicht mehr vorstellen, sofern man es nicht noch selbst miterlebt hat.

Schon wenige Jahre nach dem Krieg begann die Bundesbahn ihren Fuhrpark sowie ihre gesamte Infrastruktur zu modernisieren. Mit dem aufkommenden TEE-Verkehr ab dem Jahr 1957 begann zudem die Ära eines Länder übergreifenden europäischen Zugzeitalters. Die Deutsche Bundesbahn stellte hierfür weltweit beachtete Dieseltriebwagengarnituren in Dienst, die sich allgemeiner Beliebtheit erfreuten. Seit Mitte der 50er Jahre trieb sie auch auch die Traktionsumstellung von der Dampflokomotive auf die effektiveren Diesel- und Ellok-Fahrzeuge voran. Die letzten zwei dampfbetrieben Schnellzuglokomotiven kamen Mitte der 50er Jahre zur DB. Da war bereits die Traktionsumstellung in Gange und so war diesen Lokomotiven nur eine kurze Einsatzzeit vergönnt Nach knapp zehn Jahren wurden sie ausgemustert. Im Laufe der Zeit lichtete sich der Bestand der Dampfrösser und 1977 gewöhnte sich die DB endgültig das "Rauchen" ab. Der Traktionswandel war vollzogen. Durch die Teilung beider deutscher Staaten konzentrierte sich die Bundesbahn auf die Transporte innerhalb Westdeutschlands. Abgesehen von den Interzonenzügen musste man akzeptieren, dass der Verkehr an der innerdeutschen Grenze von zwei deutschen Bahngesellschaften bewältigt wurde. Im Grenzgebiet dünnten sich die Übergänge von Ost nach West und umgekehrt über die Jahre der Teilung hinweg immer stärker aus. Letztlich blieben nur noch wenige Grenzverbindungen in die DDR übrig.

Je mehr der Wohlstand in der Bundesrepublik wuchs, umso stärker nahm auch der Individualverkehr zu und trat in Konkurrenz zur Bahn. Wer konnte, kaufte sich nun ein Auto und machte es der DB dadurch doppelt schwer. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, musste sie sich nicht nur wirtschaftlich sondern auch technisch gut aufstellen. Leider vernachlässigte die Politik die DB sehr stark. Sie verkannte hingegen die Bedeutung des Schienenverkehrs, was ebenfalls dazu führte, dass sich die DB zu einem defizitären Staatsunternehmen entwickelte. So lag es an der Bahn selbst, die passenden Antworten zu finden. Seit dem Ende der 60er Jahre kam es aus Gründen der Rationalisierung vermehrt zu ersten, großflächigen und auch schmerzlichen Streckenstilllegungen. Dort, wo eine effiziente Zugförderung z. B. mit lokbespannten Garnituren nicht mehr rentabel war, setzte man den so genannten "Retter der Nebenbahnen", den Schienenbus ein. Das alleine reichte aber nicht, um gegenüber der immer stärker werdenden Konkurrenz auf der Straße und in der Luft bestehen zu können. Neue Konzepte für ein modernes Transportwesen auf der Schiene waren notwendig. Ende der 70er Jahre führte die Bahn deshalb das Takt-System mit dem Intercity-Verkehr, kurz IC ein. In einem Rhythmus von zwei Stunden sollte jede größere Stadt in der Bundesrepublik angefahren werden können. Im Gütertransport setzte sich hingegen zunehmend der Container- und auch "Hucke-Pack"-Betrieb durch. Er erlaubte eine Vereinheitlichung der Transportbehälter, die anhand geeigneter Verladestationen einen schnellen Wechsel vom Schiff auf die Schiene und von der Schiene auf die Straße erlaubten. In den 80er Jahren wurde die Taktfrequenz im IC-Verkehr sogar auf eine Stunde ausgeweitet. Damit war es möglich noch zügiger und öfter die gewünschten Zielbahnhöfe anzufahren. Dennoch kam die DB gegen die Konkurrenz der Straße und in der Luft nicht an. Sie versuchte sich nun so zu positionieren, dass sie Züge einsetzte, die zwar schneller als das Auto, aber langsam, dafür komfortabler als ein Flugzeug sein sollten. Zum Ende der 80er Jahre wurde der Intercity Experimental, kurz ICE vorgestellt. Auf extra errichteten Neubaustrecken wurde die Fahrzeit zwischen den Bestimmungsorten erheblich reduziert. Der moderne Eisenbahn-Schnellverkehr hatte in Deutschland Einzug gehalten. Der ICE-Verkehr bildet heute das Rückgrat des deutschen Schienenverkehrs und schreibt somit die Eisenbahngeschichte weiter.

Mit der Wiedervereinigung im Jahr 1990 existierten plötzlich wieder zwei Bahngesellschaften auf einem einheitlichen Staatsgebiet - die Bundesbahn im Westen und die Deutsche Reichsbahn (DR) im Osten. Umfangreiche Rationalisierungsmaßnahmen auf beiden Seiten führten zu einem drastischen Personal- und Materialabbau. Dies war jedoch erforderlich, um auch weiterhin den wettbewerblichen Anforderungen gerecht zu werden und konkurrenzfähig zu bleiben. Im Jahr 1994 fusionierten deshalb beide Bahngesellschaften zur Deutschen Bahn, ein privatwirtschaftliches Unternehmen, aus welchem sich der Staat weitestgehend zurückgezogen hat. Nach mehr als 40 Jahren gab es damit wieder eine einheitliche Bahngesellschaft für Gesamt-Deutschland. Die Deutsche Bundesbahn als auch die Deutsche Reichsbahn hörten damit auf als staatliche Betrieb zu existieren und symbolisch fand im Schienenverkehr die Wiedervereinigung beider deutscher Staaten statt.


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