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Die Deutsche Reichsbahn der DDR (1945-1994)

Deuteche Reichsbahn (DDR) CollageDer Weg der Deutschen Reichsbahn nach dem 2. Weltkrieg gestaltete sich problematischer als in den westlichen Besatzungszonen. Hierfür waren mehrere Faktoren ausschlaggebend.

Zwar waren die Kriegszerstörungen in beiden Gebieten gleich stark, aber zum einen besaß der sowjetisch besetzte Teil des geteilten Deutschland nach dem Krieg viel weniger an Fahrzeugen und zum anderen kam erschwerend hinzu, dass die UdSSR sich am geschlagenen Gegner durch Reparationszahlungen schadlos hielt. Dies bedeutete einen umgehenden Abzug von noch fahrbereiten Dampflokomotiven und durch die Demontage von Bahngleisen einen empfindlichen Eingriff in die ohnehin zerrüttete Verkehrsinfrastruktur. Erschwerend kam hinzu, dass Ostdeutschland nach der Trennung nicht mehr über nennenswerte Steinkohlenvorräte verfügte, da sich diese in Deutschlands Westen, im Ruhrgebiet und im Saarland befanden. Auf dem Gebiet der DDR gab es nur minderwertigere Braunkohlenvorkommnisse, die dann auch zu diesem Zweck genutzt werden mussten. Das hatte zur Folge, dass der Fahrbetrieb schon durch den dringend benötigten Energieträger eingeschränkt war und die Versorgungslage auch hier zur Improvisation zwang.

Die Deutsche Reichsbahn kam deshalb nur sehr langsam im Vergleich zum Westen auf die Beine. Das Improvisationsgeschick war gerade aus diesen Gründen auf Seiten der ehemaligen DDR viel stärker als im Westen. Trotz der beschriebenen Umstände erkannte jedoch auch die sowjetische Besatzung die Wichtigkeit eines funkionierenden Verkehrswegenetzes in den von ihr okkupierten Gebieten. Schon früh machte sich deswegen die Sowjetische Militäradministration daran, den Schienenverkehr wieder in Gang zu bekommen.

Natürlich wurde beim Aufbau der Deutschen Reichsbahn, als dessen Nachfolger man auch die Namensgebung beibehielt alles auf ein sozialistisches System ausgerichtet. Die Deutsche Reichsbahn wurde propagandistisch als "Eisenbahn in Volkes Hand" bezeichnet. Der Betriebsdienst wurde streng militärisch organisatorisch durchstrukturiert. Selbst die Uniformen der Bediensteten hatten noch die typischen Dienstrangabzeichen, wie es sie bereits im Dritten Reich gab.

Ein Kuriosum stellte allerdings der S-Bahn-Betrieb in der Hauptstadt der Republik dar. Trotz der Teilung war die Deutsche Reichsbahn für den Gesamtbetrieb der Strecken, auch im Westteil der Stadt zuständig. Erst im Verlauf der 70er Jahre legte die DR die Strecken in den Westen nach und nach still und es verschwanden somit auch die restlich verbliebenen West-Eisenbahner, die für die Reichsbahn fuhren.

Der Ausbau der Strecken sowie die Neubeschaffung des dringend benötigten rollenden Materials musste sich, wie alles in der DDR, einem 4-Jahresplan der DDR unterordnen. Trotzdem forderte die Partei zugleich von den Genossinnen und Genossen im Dienst der Reichsbahn eine uneingeschränkte Einsatzbereitschaft für die gerechte Sache des Volkes.Das gestaltete sich überaus schwierig. Aufgrund der angespannten Situation beim Betriebsmaterial war die DR viel länger auf die Traktionsart Dampflok angewiesen als der Westen. Dem gegenüber stellte die Deutsche Bundesbahn bereits in den frühen 50er Jahren auf modernere Dieselfahrzeuge um. Da die DDR, wie bereits erwähnt, keine Steinkohlevorkommen hatte, blieb ihr nichts anderes übrig, als auf die minderwertigere Braunkohle auszuweichen. So mussten diese schnell verbrennende Kohle also auch auf den Lokomotiven verfeuert werden. Deshalb baute die DR zahlreiche Lokomotiven auf Braunkohlestaubfeuerungen um. Sie konnte damit zumindest für einen Übergangszeitraum noch gerade annehmbare Ergebnisse erzielen. Erst nach und nach entspannte sich die Versorgungslage mit Steinkohle, so dass man letztendlich die Kohlenstaub-Lokomotiven nicht mehr benötigte, entweder umbaute oder stilllegte. Der Umstieg jedoch auf Dieselloks und Elloks lief hingegen schleppender. Zum einen konnte man die Elektrifizierung nicht wie gewünscht vorantreiben, da man auch noch die demontierten Strecken zunächst wieder in einen verkehrstüchtigen Zustand bringen musste. Zum anderen konnte man die Entwicklung der Dieselloks nicht entsprechend forcieren, da es für den Betrieb nicht genügend Treibstoff gab. Deshalb machte die Reichsbahn aus der Not eine Tugend. Sie entwickelte die Dampflok beständig weiter und hatte zum Ende der Reichsbahnzeit die besten Dampflokomotiven auf die Gleise gestellt, die jemals auf deuschen Schienen fuhren. Als die Versorgungslage Ende der 70er Jahre auch auf dem Mineralölbereich besser wurde, baute die DR viele der guten Damploks auf Ölfeuerung um. Große Sorgen bereitete in dieser Zeit jedoch ein maroder Unterbau. Bei der Herstellung von Betonschwellen hatte man große Fehler begangen, weshalb die Schwellen an vielen Stellen derartige Verschleißerscheinungen zeigten, dass sie bereits nach wenigen Jahren ausgewechselt werden mussten. Ein herber Rückschlag im Aufbau der Verkehrsinfrastruktur

Im Übrigen war man in der DDR aber auf das Transportmittel Bahn wesentlich stärker angewiesen als der Westen, da die Entwicklung des Individualverkehrs nur schleppend voran ging. Somit fiel der Deutschen Reichsbahn, was das Transportwesen  anbetraf, also für Personen- und Gütertransporte die Hauptaufgabe zu.  Die Entwicklung der Diesellokomotiven war in den 70er Jahren hingegen eingeschränkt. Für die DR bestand die Pflicht, Lokomotiven mit einem bestimmten Leistungsvolumen vom "Großen Bruder" Sowjetunion abzunehmen. Obwohl man auch selbst in der Lage gewesen wäre, gute Lokomotiven selbst zu entwickeln und zu bauen. Bei der Ellok-Entwicklung hatte man sogar gegenüber dem Westen die Nase vorn. Die Drehstromtechnik hielt in der DDR schon Jahre vor dem Einsatz im Westen erfolgreich Einzug im Schienenverkehr. Dies lag unter anderem auch daran, dass man mit dem Lokomotivbau-Kombinat in Berlin Henningsdorf eine große und erfolgreiche Entwicklungsumgebung besaß, die auf diesem Gebiet entsprechend gefördert wurde. Anfang der 80er Jahre konnte dann auch die Elektrifizierung in größerem Umfang erfolgen. 

Der Betriebsdienst wurde streng nach dem Dispatcher-System aufgebaut. Der Schwerpunkt bildete in der DDR aber stets der Güterverkehr. Mit dem Zusammenbruch der DDR im Jahr 1989 sollte sich das schlagartig ändern. Plötzlich stand die DR vor der immensen Aufgabe, den Personentransport neu zu bewerten und auch zu organisieren. Statt der bisher üblichen Nord-Süd-Ausrichtung des Verkehrs, rollten auf einmal die Züge von Ost nach West. Die Wiedervereinigung brachte einen großen Umbruch für das Eisenbahnwesen der ehemaligen DDR. Plötzlich war der Schienenverkehr nicht mehr der Hauptverkehrsträger. Von nun ab wollte auch jeder DDR-Bürger sein eigenes Auto besitzen und zwar keinen Trabant oder Wartburg. Dadurch nahm der Personennahverkehr zur Schiene vor allem in den strukturschwachen Gebieten sehr rapide ab. Umfangreiche Streckenstilllegungen waren die Folge. Der extensive Personalkörper der Deutschen Reichsbahn musste aus diesen Gründen erheblich verschlankt werden. In der Folge viel diese Aufgabe aber nicht mehr der Deutschen Reichsbahn zu, sondern einer gemeinsamen und privatisierten Eisenbahngesellschaft auf dem gesamtdeutschen Gebiet. Im Jahr 1994 wurde aus den beiden Staatbetrieben Deutsche Reichsbahn und der Deutschen Bundesbahn die Deutsche Bahn AG gegründet. Damit begann nun ein neues Kapitel deutscher Eisenbahngeschichte.