Stefan Arold - Interessantes für Interessierte

Die 70er Jahre in Deutschland

In den siebziger Jahren hatte man sich mit der Spaltung Deutschlands abgefunden. Die DDR wurde vom Westen sogar als eigenständiger Staat anerkannt und mit der KSZE-Akte sozusagen ihre Legitimation besiegelt. Die Aussöhnung mit der UdSSR und mit Polen war ein wichtiger außenpolitischer Aspekt. Der Sport spielte in den siebziger Jahren eine große Rolle. Bei den Olympischen Spielen 1972 in München traten zum zweiten Mal getrennte deutsche Mannschaften an und konkurrierten um die Medaillen. Deutsche Sportler in Ost und West standen nun nicht mehr vereint, sondern als sportliche Gegner auf dem Treppchen als Olympiasieger. Diese Olympischen Spiele wurde zudem das Attribut einer friedlichen und völkerverständigenden Veranstaltung genommen. Die Gewalt in Form von Terroranschlägen machte dies deutlich. Bei den Anschlägen auf das Olympia-Dorf in München starben 11 israelische Sportler. Die Bundesrepublik wurde 1974 nach 1954 in einem packenden Endspiel gegen Holland zum zweiten Mal Fußball-Weltmeister. 

Der Terror der Roten Armee Fraktion bedrohte die Bundesrepublik zunehmend in ihren Grundfesten, die Bombenanschläge der Baader-Meinhoff-Gruppe, die Entführung eines Verkehrsflugzeugs in Mogadischu und die Attentate auf Hans-Martin Schleyer und den Generalstaatsanwalt Buback zeigten die besonders brutale und verwerfliche Seite des Terrors. Die Regierung blieb jedoch hart, behielt Kurs und nahm den Kampf mit den Untergrundkämpfern auf politische Art und Weise auf. Als Antwort gründete sie die Spezialeinheit GSG 9, die sich bei der Befreiung der Geiseln in der Lufthansa-Maschine in Mogadischu bewies.

collageIn den siebziger Jahren wurde die CDU von der Regierungsverantwortung abgelöst. Die SPD stand hingegen für eine soziale Ausrichtung der Politik. Gehaltszuwächse in bislang nie dagewesener Höhe ermöglichten im Westen für alle Schichten einen wachsenden Wohlstand. Dieser wurde gerne aufgenommen, auch wenn man dabei ausblendete, dass man im Grunde genommen über seine Verhältnisse lebte. Neue Lebensformen griffen um sich. Der Spruch "Wer einmal mit der selben pennt, gehört schon zum Establishment" wurde ein Leitmotto. Das Leben in Kommunen und Wohngemeinschaften, Partnertausch und sexuelle Befreiung schockierte die Alten. "Flower-Power" und der Wunsch nach ewigem Weltfrieden kam aus Amerika nach Deutschland. Die Mode zeigte sich individuell und quietschbunt, junge Leute trugen lange Haare. Schlaghosen und natürlich die Jeans waren jetzt Merkmal und zugleich Erkennungszeichen für eine unabhängige Jugend. Der Traum vom Weltfrieden verpuffte jedoch im Drogenrausch. Das Experimentieren mit Drogen hatte für viele verheerende Auswirkungen. Künstler starben an Heroin oder durch Alkoholexzesse. Jimi Hendrix oder Janis Joplin waren nur einige wenige, traurige Beispiele hierfür. 

Im Osten entwickelte sich die DDR zum Vorzeigeland des Sozialismus. Der Wohlstand im real existierenden Sozialismus stagnierte jedoch auf geringem Niveau. Die Ostverträge brachten zumindest eine Erleichterung im Reiseverkehr von West nach Ost. Ansonsten hielt sich die DDR über den Zwangsumtausch und den Verkauf politischer Häftlinge an die BRD schadlos. Die SED ließ sich die Besuche westdeutscher Verwandter durch den Zwangsumtausch fürstlich entlohnen. Mit der Staatssicherheit (Stasi) baute die DDR ein perfides Überwachungssystem auf und bespitzelt seine Mitbürger bis in die Schlafzimmer. Republikflüchtlinge und "Subversive" verschwanden immer häufiger in den Gefängnissen der Stasi. Fluchtversuche wurden durch Selbstschussanlagen an der wie ein Sicherheitstrakt bewachten Zonengrenze verhindert. 

Die erste Ölkrise brachte die Wirtschaft im Westen nach Jahren der Prosperität erstmals in bedenkliche Schieflage. Die Arbeitslosenzahlen stiegen plötzlich an. Einen Zustand, den man für mehr als 2 Jahrzehnte nicht kannte. Am Ende der 70er Jahre rauschte die Bundesrepublik zunehmend einer Rezession entgegen. Durch die Ölkrise musste der Kraftstoffverbrauch drastisch eingeschränkt werden. Dafür gab es nun autofreie Sonntage. Die Autobahnen wurden stattdessen von Radfahrern eingenommen. Die Benzinpreise stiegen erstmals in bis dahin unbekannte Höhen. Der westlichen Welt wurde auf einmal vor Augen geführt, wie abhängig sie von den Ölfördernden Staaten im Nahen Osten war. Der wiederum entwickelte sich durch die Spannungen zwischen Israel und seinen Nachbarn immer mehr zu einem Pulverfass. Darüber hinaus gab es den Irland-Konflikt mit einem Bürgerkrieg und die terroristische Auseinandersetzung zwischen Spanien und dem Baskenland.

Die Musik war genauso bunt wie die Lebensformen. In Deutschland dominierte bei den Älteren immer noch der Schlager, die Jungen hörten Pop- und Rockmusik. John Travolta und die Disco-Musik starteten ihren Siegeszug. Die Trennung der Beatles ließ viele trauern. Das Kino hatte erstmals in Deutschland eine Krise zu überstehen, die Besucherzahlen gingen in den Keller, denn die Unterhaltung wurde nun vermehrt vom Medium Fernsehen übernommen. Unterhaltungssendungen liefen auf allen öffentlich rechtlichen Kanälen. Zur Unterhaltung musste man nicht mehr das traute Heim verlassen. Der Plattenspieler gehörte ab jetzt nicht nur zur Ausstattung eines Wohnzimmers auch Jugendliche besaßen ein Gerät in ihrem Zimmer. Der Kassetten-Rekorder kam langsam auf und ermöglichte die Vervielfältigung von Platten. Ja, und dann hatten wir auch noch die Werbung mit dem Persil-Mann, Frau Sommer preist den Jacobs-Kaffe mit dem Tchibo-Mann um die Wette an, Tri-Top und Sunkist waren die Erfrischungsgetränke im Sommer, für die Zähne gab es "Strahler 80" und "Nivea" und "Hattric" durften für die Körperpflege nicht fehlen.