Philosophische Gedanken in Prosa und Lyrik

Philosophische Gedanken in Prosa und Lyrik
Martina Bohnet-Gerber aus Roth und Günter Baum aus Schwabach haben ein gemeinsames Buch geschrieben

LANDKREIS ROTH / SCHWABACH – Die beiden Autoren Martina Bohnet-Gerber aus Roth und Günter Baum aus Schwabach haben sich zusammengetan, um ein gemeinsames Buch zu schreiben. „Prisma. Gesellschaftspolitische Brennpunkte philosophisch betrachtet“ heißt es. Dieses neue Buch hatte bereits einen „Vorläufer“, der vor einigen Monaten auf den Markt gekommen war: „(Vor)ausdenken – Philosophische Gedanken in Prosa und Lyrik“ (wir berichteten).

„Wir haben uns zu einer Einmaligkeit entschlossen“, schreiben die beiden Autoren. „Noch nie haben Schriftsteller diesen Weg gewählt, Texte zu verschmelzen, ineinander übergehen zu lassen, ohne dem Leser zu verraten, welcher Text von wem ist. Dabei wissen wir auch, dass wir damit jedem Rezensenten eine Hürde errichten, denn wir sind nur vereint ansprechbar. Wenn es als Gesamtwerk wahrgenommen wird, sind wir zufrieden. Denn nur das haben wir gewollt.“

„Nie hätte ich gedacht, dass philosophisches Betrachten von Missständen so unendlich sich gestalten würde“, schreibt einer der beiden Autoren einleitend. Das Betrachten sei mehr eine Stellungnahme zu einer Offenlegung, „bei der allerdings deutlich wird, dass die Tugenden in Politik und Rechtswesen immer mehr ersetzt werden durch Rechtsbruch, Verschleierung und Vorteilnahme.“ Dagegen nur mit Buchstaben ankämpfen, heiße mit Papierkugeln schießen: „Wir tun es trotzdem. Denn schließlich kann man auch unter Papierballen erdrückt werden.“

Baum und Bohnet-Gerber erörtern eine eine Reihe von gesellschaftspolitischen Brennpunkten, Erörterungen, die sie in vielen persönlichen Gesprächen in Notizen, Protokollen oder Bandaufzeichnungen festgehalten haben.

Die beiden sprechen vom „verbrauchten Bürger“ und berufen sich auf Rousseau, der geschrieben hat: „Der erste, der ein Stück Land eingezäunt hatte und dreist sagte: `Das ist mein`, und so einfältige Leute fand, die das glaubten, wurde zum wahren Begründer der bürgerlichen Gesellschaft.“

Günter Baum und Martina Bohnet-Gerber gehen weiter als Rousseau und fordern: „Hütet euch, auf diesen Betrüger zu hören, ihr seid verloren, wenn ihr vergesst, dass die Früchte allen gehören und die Erde niemandem!“ Mit dem ersten Zaun seien Neid und Missgunst bei den Ausgesperrten entstanden, und die heranwachsende Frucht habe Klassengesellschaft geheißen.

Auf sehr kritische Weise setzen sich Günter Baum und Martina Bohnet-Gerber mit den aktuellen NSU-Prozessen auseinander. „Der NSU-Prozess bleibt vorläufig Baustelle“, lautet ihr vorläufiges Fazit. „Also erst mal Luft anhalten. Denn wir werden genügend davon brauchen, wenn es wirklich losgeht.“

„Wir haben Wissen angehäuft, massenhaft, Bruchstücke eines Ganzen und können nicht zuordnen, verbinden“, wenden sich die beiden Autoren einem anderen Problem der heutigen Gesellschaft zu. „Es überfordert uns, quält uns regelrecht, macht unser Leben komplexer, undurchsichtig.“

Auch der Begriff Wahrheit spielt eine wichtige Rolle in dem Buch. So unterscheiden sie die „wahre Wahrheit“, die „allgemeingültige Wahrheit“ und die „junge Wahrheit“, die in einer inneren Spannung aus Wissenszwang mit Gewissenszwang stehe. „Jeder beeinflusst jeden“, schreiben die Autoren. „Aber eine verleugnete Lüge ist bereits wieder die Wahrheit. Es bleibt eine Frage des Gewissens, wie mit Wahrheit umgegangen wird.“

Weitere Themen, mit denen sich die Autoren auseinandersetzen, sind der Bildungsnotstand, das Thema Gerechtigkeit, die moderne Lyrik und das Thema Glaubwürdigkeit in all ihren Facetten. Gerd Berghofer ist Gast bei den philosophischen Gesprächen und steuert eine Glosse bei.

Wer als Leser leichte Unterhaltung sucht, wird bei diesem Buch nicht fündig werden. Das Büchlein ist auch kein klassisches Philosophie-Lehrbuch mit einer strengen Gliederung nach Themenschwerpunkten. Hier treffen Meinungen aufeinander, die durchaus widersprüchlich und nicht zu Ende gedacht sind. Die Meinungen rufen zu einem „Ja-aber!“, vielleicht auch zu einer Ablehnung auf. Und das ist durchaus gewollt.

Die beiden Autoren wollen Denkanstöße geben, über gesellschaftspolitische Brennpunkte nachzudenken. Sie haben keine fertigen Rezepte, wie man Probleme lösen kann, sondern legen den Finger in Wunden: Passt auf, hier läuft etwas schief! Tut etwas dagegen!

Erörtert werden nicht allseits bekannte Sinnfragen des Lebens. Vielmehr machen die beiden Autoren den Leser mit ihrer ganz persönlichen Sicht auf Fehlentwicklungen in der Politik und im Rechtswesen vertraut. Es sind nachdenkliche, manchmal auch provozierende Gedanken, und oft sind es nur Bruchstücke und Thesen die den Leser innehalten lassen und zum eigenen Nachdenken anregen oder zum Widerspruch aufrufen. Und gerade das macht die Lektüre dieses schmalen Bändchens so interessant.


ROBERT UNTERBURGER

(Martina Bohnet-Gerber und Günter Baum: Prisma. Gesellschaftspolitische Brennpunkte philosophisch betrachtet. Edition Knurrhahn im Thomas Rüger Verlag Nürnberg, 71 Seiten, DIN A 5, 2013, ISBN 978-3-932717-46-8, 10 Euro)