Torturmlesung begeisterte die Zuhörer

ALLERSBERG - Zu einer Lesung luden die vier Autoren Thomas Rüger (Nürnberg), Robert Unterburger (Allersberg), Heike Reiter (Roth) und Barbara Lorenz (Schwabach) im Rahmen des Kulturprogramms der Marktgemeinde Allersberg in den gemütlichen Torturm. Es war die dritte gemeinsame Lesung der vier Autoren, die auch die diesjährige Barockgartenlesung in Roth bestritten hatten. Die Besonderheit der Torturmlesung darin lag, dass die Geschichten der Autoren extra für den Ort des Geschehens geschrieben wurden.
Nach der Begrüßung durch die Leiterin des Verkehrsamtes, Gerlinde Grüner, führte Thomas Rüger, der sich selbst als „Mittagspausenverleger“ bezeichnet, humorvoll durchs Programm. Aufgelockert wurden die Vorträge durch die Musiker Rudi Götzfried (Klavier) und Katharina Malbeck (Querflöte), die beschwingte Klassik darboten.
Robert Unterburger unterhielt die Zuhörer mit einer wahren „Nachttopfgeschichte“ in Allersberg um das Jahr 1920. Protagonistin Frau Lang, die im Erdgeschoss des Torturms wohnt und von allen nur „Die Lange“ genannt wird, wehrt sich der ruhestörenden Kinder, die sich nebenan lautstark auf dem Eis des Spitalweihers vergnügen, mittels gefülltem Nachttopf. Was anfänglich gut klappt, erweist sich jedoch als Bumerang und so wird sie zum Ende der Geschichte im wahrsten Sinne des Wortes auf den Boden der Tatsachen geholt.
Robert Unterburger hat sich diese Geschichte von einer alteingesessenen Allersbergerin erzählen lassen und für diesen Abend ausgeschmückt.
Thomas Rüger sah in die Zukunft, genau genommen in das Jahr 2023. Nach Unruhen und Protesten, entstanden durch die ICE-Trasse, bzw. einem Leck in der Fäkalienspüle und der damit eingehenden Verseuchung des Spitalweihers, entsteht in Torturm die Zentrale der Aufständler. Schließlich wird die URA gegründet, die Unabhängige Republik Allersberg. Ab 1.1.2023 gilt die neue Währung „Böckeler“ (1 Böckeler entspricht 1,9865 Euro), alte Bekannte, die eigentlich längst in Rente sind, werden neue Aufgaben übernehmen und schließlich prangt sogar die UNO-Urkunde am Torturm.
Nach der Pause und weiteren musikalischen Einlagen las Heike Reiter „Der Schatz im Tortum“ , eine sehr tiefsinnige Geschichte vom immer ängstlichen Thorsten, der seiner Frau Irma Mut beweisen will und sich für eine Nacht im Torturm einsperren lässt , um den sagenumwobenen Schatz zu finden.
Dort trifft er auf Magdalena, ein sehr modernes Gespenst, die ihm den wahren Schatz des Lebens zeigt : Den Schatz der Erinnerungen, einmal der Stärkere zu sein und seine Angst zu besiegen.
Zum Abschluss entführte Barbara Lorenz in einen Torturm voller Leben, quirliger Kinder, leckerer Essensdüfte und liebevoller Menschen, die Willi Merseburger, so auch der Titel der Geschichte, einem Zimmermann auf Walz, eine heimelige Zuflucht bieten und ihm für eine Nacht ein Stück Heimat schenken. Als kleine Zugabe trug Robert Unterburger ein kurzes Schreiben des Allersberger Verschönerungsvereins aus dem Jahr 1952 vor, in dem der Verein den Marktgemeinderat bat, er möge doch dafür Sorge tragen, dass „das abscheuliche Vorgärtchen mit dem Aborthäuschen vor dem Torturm“ entfernt werden möge. Dieser Brief rief bei den Zuhörern ein Schmunzeln hervor, zeigt er doch, wie wenig einladend es früher vor dem Torturm ausgesehen hat.
Erzählt das Mauerwerk des Allersberger Torturm schon selbst Geschichten, so tragen seine Mauern nun vier neue, ganz unterschiedliche Werke, alle auf ihre Art spannend und kurzweilig. So konnte man nach dieser Veranstaltung in die Nacht hinaustreten, den Kopf voller Gedanken und merkte gar nicht mehr, wie kalt es eigentlich geworden war.

KATHARINA STORCK