Unterburger

Sphärenklänge oder Alles ist endlich

SCHWABACH / LANDKREIS ROTH – Suizid, Selbstmord, Freitod und Psychiatrie sind Tabuthemen. Der Schwabacher Schriftsteller Günter Baum bricht das Tabu: Nach einem Selbstmordversuch mit anschließendem Aufenthalt in der Psychiatrie hat er ein Buch veröffentlicht, in dem er über seine Erfahrungen in der Psychiatrie berichtet und über wichtige Stationen seines Lebens reflektiert.

„Sphärenklänge oder Alles ist endlich“ heißt das schmale Büchlein, das er seiner Lebensgefährtin Waltraud widmet, die ihm im Tod vorausgegangen ist. Er wollte ihr nachfolgen und hatte versucht, mit Schlaftabletten seinem Leben ein Ende zu setzen: „Ich hatte mir die Freiheit genommen, über mich selbst zu bestimmen“, schreibt Baum. „Deshalb empfinde ich ja auch den Begriff `Selbstmord` als sehr irreführend, denn keiner, der sich dazu entschließt, mordet sich selbst, sondern wählt den Freitod ohne Zwang.“ Und: „Der Zwang unnötig Pillen zu nehmen, bestand während der ganzen Zeit meines Aufenthalts in der Psychiatrie.“

Günter Baums Schilderungen, was er während seines Aufenthalts in der Psychiatrie und wie er die Psychiatrie erlebt hat, klingen unaufgeregt, sachlich und emotionslos - und gehen trotzdem unter die Haut. Er zielt nicht auf das Mitleid des Lesers ab und stilisiert sich nicht als verzweifelter Kämpfer in einer Welt, die er nicht mehr erträgt.

„Es waren keine Sphärenklänge, die ich gehört und erlebt habe“, schreibt Günter Baum rückblickend. „Es war hingegen die absolute Ruhe. Eine solche Ruhe, wie man sie im Leben nicht erlebt.“ Trotz solcher Sätze verklärt der Schwabacher Schriftsteller seinen Suizidversuch nicht. Er ist nicht der einsame Held, der aus der Welt scheiden wollte: „Ich war in einer anderen Welt, in der man nichts spürt, nichts erlebt und in der alle Wichtigkeiten aufhören.“

Baum: „Ich musste federleicht geworden sein, denn müsste ich meinen Zustand später beschreiben, so war es ein Schweben gewesen, in dem es keine Erdanziehung gab.“ Schaue man, wie er, auf ein erfülltes Leben zurück, sei der Übergang besonders leicht: „Der Tod trifft immer nur die Überlebenden, denn sie sind zum Leben verurteilt.“ Die Debatten im Bundestag über Sterbehilfe sind für ihn befremdend, „denn jeder Mensch muss doch das Recht haben, über seinen Körper selbst zu entscheiden. Wenn das verwehrt wird, ist das Diktatur.“

„Nein, mein Suizid war keine Flucht aus dem wirklichen Leben, sondern ein Ausklinken, die Wahl eines Schlusspunktes“, verteidigt Günter Baum sein Handeln. Die Hauswirtin findet den Bewusstlosen, die Ärzte holen ihn in das Leben zurück. Die Folge: Einweisung in die Psychiatrie.

Zwischen den Reflexionen über das Leben und den Freitod erinnert sich Günter Baum an wichtige Ereignisse in seinem Leben. Diese Erinnerungsfetzen verknüpft er mit dem, was er in der Psychiatrie erlebt hat. Er denkt zurück an seinen prügelnden, saufenden Vater, den er konsequent nur als „seinen Namensgeber“ nennt und nur Verachtung für ihn übrig hat.

Baum erinnert sich daran, wie er als Kind ein Glas Marmelade für seinen „Namensgeber“ kaufen sollte. Weil er mit seinen „Klapperlatschen“ an einem der Straßenbahngeleise hängen bleibt, fällt ihm das Glas zu Boden und zerbricht in viele Teile. Statt eines Trostes wird er zuhause angebrüllt, er sei zu dumm und zu tollpatschig für die einfachsten Dinge.

Als junger Mann kommt Günter Baum in Untersuchungshaft wegen „staatsgefährdender Hetze in der DDR“. Er wird Filmvorführer, flieht dann mit Frau und Kind nach West-Berlin und dann in die Bundesrepublik. Baum schildert, wie er den 17. Juni 1953, den Volksaufstand in Ost-Berlin, erlebt hat und wie er Funker in der NVA geworden ist.

In der Psychiatrie verschaffen ihm Antidepressiva Ruhe und Müdigkeit. „Es war nur eine erzwungene Ruhestellung“, notiert er, „ein künstlicher Zustand, der also nicht der Wirklichkeit entsprach.“ Nach anfänglichem Verbot erlaubt man ihm zu schreiben.

Günter Baum wollte „antreten zum rechten Augenblick, den ich als reifer Mensch erkennen kann.“ Er will „kein Quälen bis zum letzten Augenblick“. Hart geht Baum mit dem Thema „Religion und Gott“ um: „Das Festhalten am nicht mehr lebenswerten Leben hat uns die Religion eingeredet und nur deswegen zögern wir, dagegen etwas zu tun. Gott ist eine Erfindung und wir glauben, ohne ihn keine Seligkeit zu erlangen.“

Wer nun als Leser Günter Baums neues Buch als Ermunterung oder Aufforderung versteht, es ihm gleich zu tun und seinem Leben ein Ende setzen will, der hat ihn gründlich missverstanden. Baums Büchlein ist kein Aufruf zum Suizid, auch keine Warnung davor, sondern eine realistische und authentische Schilderung, warum er sterben wollte. Nur wer das alles am eigenen Leib erlebt hat, ist glaubwürdig und man kann sich in seine Lage hineindenken, ohne sich fragwürdiger Klischees bedienen zu müssen.

Günter Baums autobiografisches Buch ist packend geschrieben. Weil der Umfang nur 60 Seiten beträgt, kann man es problemlos in einem „Zug“ lesen. Jedem, der sich mit dem Tabu-Thema Suizid beschäftigen und sich eine eigene Meinung bilden will, dem sei dieses Buch empfohlen. Baums Buch gibt Anstöße, über den Freitod nachzudenken. Manche seiner Thesen fordern zum offenen Widerspruch heraus. Und genau das ist es, was der Schwabacher Schriftsteller erreichen möchte.

ROBERT UNTERBURGER


(Günter Baum: Sphärenklänge oder Alles ist endlich. Psychiatrie, Freitod und autobiographische Einschübe. Dezember 2015. Verlegt in der Edition Knurrhahn im Thomas Rüger Verlag, 60 Seiten, ISBN: 978-3-932717-52-9, 6 Euro)

Philosophische Gedanken in Prosa und Lyrik

Philosophische Gedanken in Prosa und Lyrik
Martina Bohnet-Gerber aus Roth und Günter Baum aus Schwabach haben ein gemeinsames Buch geschrieben

LANDKREIS ROTH / SCHWABACH – Die beiden Autoren Martina Bohnet-Gerber aus Roth und Günter Baum aus Schwabach haben sich zusammengetan, um ein gemeinsames Buch zu schreiben. „Prisma. Gesellschaftspolitische Brennpunkte philosophisch betrachtet“ heißt es. Dieses neue Buch hatte bereits einen „Vorläufer“, der vor einigen Monaten auf den Markt gekommen war: „(Vor)ausdenken – Philosophische Gedanken in Prosa und Lyrik“ (wir berichteten).

„Wir haben uns zu einer Einmaligkeit entschlossen“, schreiben die beiden Autoren. „Noch nie haben Schriftsteller diesen Weg gewählt, Texte zu verschmelzen, ineinander übergehen zu lassen, ohne dem Leser zu verraten, welcher Text von wem ist. Dabei wissen wir auch, dass wir damit jedem Rezensenten eine Hürde errichten, denn wir sind nur vereint ansprechbar. Wenn es als Gesamtwerk wahrgenommen wird, sind wir zufrieden. Denn nur das haben wir gewollt.“

„Nie hätte ich gedacht, dass philosophisches Betrachten von Missständen so unendlich sich gestalten würde“, schreibt einer der beiden Autoren einleitend. Das Betrachten sei mehr eine Stellungnahme zu einer Offenlegung, „bei der allerdings deutlich wird, dass die Tugenden in Politik und Rechtswesen immer mehr ersetzt werden durch Rechtsbruch, Verschleierung und Vorteilnahme.“ Dagegen nur mit Buchstaben ankämpfen, heiße mit Papierkugeln schießen: „Wir tun es trotzdem. Denn schließlich kann man auch unter Papierballen erdrückt werden.“

Baum und Bohnet-Gerber erörtern eine eine Reihe von gesellschaftspolitischen Brennpunkten, Erörterungen, die sie in vielen persönlichen Gesprächen in Notizen, Protokollen oder Bandaufzeichnungen festgehalten haben.

Die beiden sprechen vom „verbrauchten Bürger“ und berufen sich auf Rousseau, der geschrieben hat: „Der erste, der ein Stück Land eingezäunt hatte und dreist sagte: `Das ist mein`, und so einfältige Leute fand, die das glaubten, wurde zum wahren Begründer der bürgerlichen Gesellschaft.“

Günter Baum und Martina Bohnet-Gerber gehen weiter als Rousseau und fordern: „Hütet euch, auf diesen Betrüger zu hören, ihr seid verloren, wenn ihr vergesst, dass die Früchte allen gehören und die Erde niemandem!“ Mit dem ersten Zaun seien Neid und Missgunst bei den Ausgesperrten entstanden, und die heranwachsende Frucht habe Klassengesellschaft geheißen.

Auf sehr kritische Weise setzen sich Günter Baum und Martina Bohnet-Gerber mit den aktuellen NSU-Prozessen auseinander. „Der NSU-Prozess bleibt vorläufig Baustelle“, lautet ihr vorläufiges Fazit. „Also erst mal Luft anhalten. Denn wir werden genügend davon brauchen, wenn es wirklich losgeht.“

„Wir haben Wissen angehäuft, massenhaft, Bruchstücke eines Ganzen und können nicht zuordnen, verbinden“, wenden sich die beiden Autoren einem anderen Problem der heutigen Gesellschaft zu. „Es überfordert uns, quält uns regelrecht, macht unser Leben komplexer, undurchsichtig.“

Auch der Begriff Wahrheit spielt eine wichtige Rolle in dem Buch. So unterscheiden sie die „wahre Wahrheit“, die „allgemeingültige Wahrheit“ und die „junge Wahrheit“, die in einer inneren Spannung aus Wissenszwang mit Gewissenszwang stehe. „Jeder beeinflusst jeden“, schreiben die Autoren. „Aber eine verleugnete Lüge ist bereits wieder die Wahrheit. Es bleibt eine Frage des Gewissens, wie mit Wahrheit umgegangen wird.“

Weitere Themen, mit denen sich die Autoren auseinandersetzen, sind der Bildungsnotstand, das Thema Gerechtigkeit, die moderne Lyrik und das Thema Glaubwürdigkeit in all ihren Facetten. Gerd Berghofer ist Gast bei den philosophischen Gesprächen und steuert eine Glosse bei.

Wer als Leser leichte Unterhaltung sucht, wird bei diesem Buch nicht fündig werden. Das Büchlein ist auch kein klassisches Philosophie-Lehrbuch mit einer strengen Gliederung nach Themenschwerpunkten. Hier treffen Meinungen aufeinander, die durchaus widersprüchlich und nicht zu Ende gedacht sind. Die Meinungen rufen zu einem „Ja-aber!“, vielleicht auch zu einer Ablehnung auf. Und das ist durchaus gewollt.

Die beiden Autoren wollen Denkanstöße geben, über gesellschaftspolitische Brennpunkte nachzudenken. Sie haben keine fertigen Rezepte, wie man Probleme lösen kann, sondern legen den Finger in Wunden: Passt auf, hier läuft etwas schief! Tut etwas dagegen!

Erörtert werden nicht allseits bekannte Sinnfragen des Lebens. Vielmehr machen die beiden Autoren den Leser mit ihrer ganz persönlichen Sicht auf Fehlentwicklungen in der Politik und im Rechtswesen vertraut. Es sind nachdenkliche, manchmal auch provozierende Gedanken, und oft sind es nur Bruchstücke und Thesen die den Leser innehalten lassen und zum eigenen Nachdenken anregen oder zum Widerspruch aufrufen. Und gerade das macht die Lektüre dieses schmalen Bändchens so interessant.


ROBERT UNTERBURGER

(Martina Bohnet-Gerber und Günter Baum: Prisma. Gesellschaftspolitische Brennpunkte philosophisch betrachtet. Edition Knurrhahn im Thomas Rüger Verlag Nürnberg, 71 Seiten, DIN A 5, 2013, ISBN 978-3-932717-46-8, 10 Euro)

Außergewöhnliche Autorenlesung auf der Autorenbühne Feuerlein

ROTH – Eine außergewöhnliche Autorenlesung mit zwei Autorinnen aus Erlangen und einem Erlanger Gitarristen erlebte das Publikum auf der Autorenbühne Feuerlein. Das Außergewöhnliche: Daniela Preiß., eine der beiden Autorinnen, ist blind, und auch der Gitarrist Armin Nembach ist blind. Mit hervorragenden Interpretationen klassischer, aber auch populärer Musik umrahmte der junge blinde Musiker die Lesungen der beiden Autorinnen Astrid Schwabe und Daniela Preis, die beide ihren aktuellen Roman vorstellten.

In der ersten Hälfte machte Astrid Schwabe Appetit auf ihren Krimi „Judiths Schal“, der 2009 in der Edition Knurrhahn des Thomas Rüger Verlags Nürnberg erschienen ist. Astrid Schwabe unterrichtet seit über 20 Jahren Biologie und Chemie an einem Erlanger Gymnasium. „Skurrile Erfahrungen mit Schülern und Kollegen“ drängten sie, so ihre Begründung, einen Krimi zu schreiben, dessen Schauplatz ein Gymnasium in Erlangen ist.

In ihrem Krimi „Judiths Schal“ steht Karin Richter als Protagonistin im Mittelpunkt. Karin Richter hat sich ihr Leben nach einem schweren Schicksalsschlag neu eingerichtet. Sie ist Lehrerin am Albert-Einstein-Gymnasium in Erlangen und liebt ihren Beruf. Eines Tages jedoch ereignet sich ein mysteriöser Todesfall. Die Putzfrau Marlene Schultheiß entdeckt den Konrektor Dr. Berger tot im Lehrerzimmer.

Damit nehmen die Ereignisse ihren Lauf. Die Diagnose des Arztes Dr. Franke, der als natürliche Todesursache „Tod durch Ersticken“ attestiert, kommt schnell ins Wanken, als die Chemielehrerin Karin Richter Mandelgeruch an der Leiche bemerkt. Sie weiß: Blausäure riecht nach Mandeln.

Karin entwickelt einen ungeheuerlichen Verdacht. Aber wem soll sie sich anvertrauen? Gemeinsam mit ihrer Freundin und Kollegin Heike macht sie sich auf die Suche nach Beweisen. Ein gefährliches Unterfangen …

Nach der Pause trug die blinde Autorin Daniela Preiß, die sich „Danny P.“ nennt, einige Kostproben aus ihrem Erstlingsroman „Süßer Wahnsinn … und nichts ist, wie es scheint“ vor. Sie las mittels Blindenschrift (Braille). Ihr Roman erschien 2010 ebenfalls in der Edition Knurrhahn des Thomas Rüger Verlags Nürnberg.

Daniela Preiß wurde 1985 in Wunsiedel im Fichtelgebirge geboren. Sie ist blind von Geburt an. Schon früh entdeckte sie ihre Liebe zu Büchern. „Mein Leben heißt schreiben“, sagte sie, „ohne Bücher wäre mein Leben leer wie ein Wasserglas“. Im Jahre 2006 machte sie Abitur am gleichen Gymnasium, an dem Astrid Schwabe unterrichtet. Astrid Schwabe war ihre Chemie- und Biologielehrerin.

Neben persönlichen Schicksalsromanen, von denen „Süßer Wahnsinn“ einer ist, verfasst Daniela Preiß Kurzgeschichten und Krimis. Zudem arbeitet sie an zwei Fantasy-Serien. Zurzeit verfasst sie eine Biographie - aber nicht die eigene – und plant ein Hörbuch. Sie veröffentlichte im Internet Artikel, unter anderem über „Barrierefrei studieren“ und informiert über „Foto-Lese-Tast-Hörbücher“.

Heute studiert die blinde Autorin Buchwissenschaft, Politische Wissenschaft und Neuere und Neueste Geschichte in Erlangen. Um ihre schriftstellerischen Fertigkeiten auszubauen, nimmt sie überdies an einem Fernlehrgang der Hamburger Schule des Schreibens teil.

„Auch bei mir gibt es einen Mord“, verriet Daniela Preiß, als sie Kostproben aus ihrem Psychokrimi „Süßer Wahnsinn …und nichts ist, wie es scheint“ las. Protagonistin ist die Publizistikstudentin Marlen aus Erlangen.

Marlens Vater ist gestorben, bevor sie geboren wurde, ihre Mutter Mechthild ist Alkoholikerin. Nie schenkt Marlen ihrer Tochter auch nur ein freundliches Wort. Marlen fühlt sich zu Professor Leonhard Marder hingezogen, schließlich ist sie seine Studentin.

Beim Schwimmen mit Kathrin und ihrem Freund Robert läuft Marlen aus dem Schwimmbad fort, weil sie sich wegen ihres unförmigen Körpers schämt. Doch damit noch nicht genug. Sie findet ihre eigene Oma tot im Bett. Als Mechthild, Marlens Mutter, hinzukommt, stößt Marlen ihre Mutter weg. Keiner scheint Marlen zu verstehen. Keiner scheint Marlen zu verstehen, keiner zu lieben außer Professor Marder, der sie „Leon“ nennt. Doch die beiden müssen für ihre Gefühle teuer bezahlen. Und nicht nur sie…

Am Ende der ungewöhnlichen Lesung machte Daniela Preiß die Zuhörer mit der Blindenschrift vertraut, und Astrid Schwabe als gelernte Chemielehrerin demonstrierte ihnen einige spektakuläre Chemieversuche.


ROBERT UNTERBURGER

Robert Unterburgers „Müßiggang und Hirnschmalz“

„... Am besten ist Robert Unterburger dort und das schon immer -, wo er richtig „schräg“ wird und das Skurrile auf die Spitze treibt. Er kann es durchaus: Lustig schreiben, sarkastisch mitunter, mit feiner Ironie, witzig und dann auch wieder derb, fränkisch-knuffig.“ (Roth-Hilpoltsteiner Volkszeitung)

„… Äußerst vergnüglich für den Leser ist es, dass der Verfasser immer mehr die Stärke seines ironischen Humors erkannt hat und kultiviert. Sarkastisch, hinterfotzig, skurril überzogen, mit spitzer Feder agierend wie ein Karikaturist und dann wieder liebenswert tapsig, setzt er seine Personen in Szene, stellt Situationen und Tatsachen auf den Kopf. Nicht in langwierigen Ausschweifungen, sondern literarisch gradlinig, treffend, oft knallhart.“ (Schwabacher Tagblatt)


Robert Unterburgers „Müßiggang und Hirnschmalz“ wird
verlegt in der Edition Knurrhahn
im Thomas Rüger Verlag

9,90 €
ISBN 978-3-932717-38-3

Robert Unterburgers „Müßiggang und Hirnschmalz“ wirken anregend, belebend und entspannend!

Allersberg - „Unbedingt weitersagen! Robert Unterburger hat einen neues Buch mit interessanten Erzählungen und Kurzgeschichten fertig gestellt und veröffentlicht!“ So könnte die Botschaft lauten, die einem Robert Unterburgers Buch, das den geheimnisvollen Titel „Müßiggang und Hirnschmalz“ trägt, nach der erfolgten Erstlektüre entlocken möchte. Ebenso geheimnisvoll, grotesk und skurril wie viele seiner Geschichten sind, wirkt bereits das ansprechende und farbenfrohe Titelfoto auf den Leser ein: Bunte, zerfetzte Papierschnipsel liegen in einem heillosem Durcheinander irgendwo verstreut. Und Unterburger bewahrt das Geheimnis seines Titelfotos, zu dem man instinktiv immer wieder zurückblättert, lange, um es im Laufe seines Buches, zwischen den Zeilen stehend, irgendwann doch noch aufzulösen.

Vielfältig und reichhaltig sind die Schreibthemen, die der Allersberger Hauptschullehrer, ehrenamtliche Kreisarchivpfleger und begeisterter Schriftsteller mit gedanklicher wie sprachlicher Akribie sowie einer spürbarer Liebe zum geschriebenen Wort seinen Lesern anbietet: Dabei tritt Robert Unterburger sowohl in seinen Satiren und Erzählungen überwiegend als Protagonist auf, der in der „Ich-Form“ erzählt. Dies gibt dem Buch eine sehr persönliche, manchmal atemberaubende Note.
Außerdem ist sein Buch fest mit seiner mittelfränkischen Heimat verwurzelt: Zahlreiche Geschichten spielen in „seinem“ geliebten Landkreis Roth. So mag es nicht verwundern, dass Robert Unterburger der Stadt Roth eine eigene, autobiografische Erzählung unter dem Titel
„Und ich guckte dumm aus der Wäsche: Meine Erfahrungen mit Roth“ widmet. Hierbei erzählt er selbst erlebte, kuriose und daher einzigartige Anekdoten aus seiner bisherigen Tätigkeit als freischaffender Kultur-Journalist der „Roth-Hilpoltsteiner-Volkszeitung“. Dass dabei gerade die vermeintlichen „Stars“ nicht immer leicht zu „händeln“ sind, davon weiß Robert Unterburger ein „literarisches Lied“ zu singen.

In seiner tiefgründigen und doch amüsanten Titelgeschichte
„Müßiggang und Hirnschmalz“ ist seine „... behütete Welt aus den Fugen geraten“: Als eingelieferter „Zwangspatient“ einer Nervenheilanstalt prangert er von dort die Missstände auf dieser Erde lautstark an und macht sich dadurch bei den ihn behandelnden „Ärzten“, „Narren allesamt“, mehr als unbeliebt. Sie zwingen ihn daraufhin mit den radikalen Methoden einer Nervenheilanstalt zum gedanklichen Müßiggang, obwohl das Hirnschmalz noch reichlich vorhanden wäre.
In seiner autobiografischen Erzählung
„Vor Ort“ resümiert der Autor im Auto gedankenverloren über seine bisherige journalistische Karriere. Wie so oft ist er unterwegs zu einem Pressetermin und hängt seinen Gedanken und Gefühlen nach. Etwas zu intensiv, wie sich herausstellt ...
Ein vierzehnjähriger Junge, einst Unterburgers Schüler, steht im Mittelpunkt der wahren, sehr humorvollen Begebenheit
„Es erwischte den Falschen“.
Egal, ob Unterburger von einem fiktiven „Knödel-Fabrikanten“, der urplötzlich schwanger geworden ist, erzählt, oder den ominösen Dosenöffner verflucht, der ihm die Fischsoße ins Gesicht spritzen lässt, gerade die Details seiner Satiren sowie deren sprachliche Frische fesseln und überzeugen den Leser: Sie lassen ihn tief in die Handlung eintauchen.
Wenn die Chefin einer Hauptschule ihren Schlüsselbund verlegt hat, kann es im Schulhaus „heiß hergehen“. Helle Aufregung herrscht also in der Erzählung
„Schlüsselbund weg!“, doch „Kommissar Unterburger“ rettet den „Fall“ nicht ohne Ironie und Witz.
Vielleicht herausragend komödiantisch seine Erzählung
„Ein total versauter Tag“. Robert Unterburger muss Röcke tragen, obwohl er gar kein Schotte ist. Und das aus einem ganz bestimmten Grund. Und dieser heißt schlicht und einfach „Elvira“. „Elvira“ hält ihn ganz schön auf Trab …
Eher nachdenklich-satirisch wird es, wenn Albrecht Dürer nach 500 Jahren naturgemäßer Abwesenheit in alter Kluft unvermutet und unvermittelt in seiner Heimatstadt Nürnberg auftaucht, dort den OB Maly zu sprechen wünscht und sich bei diesem lauthals über seine eigene, kommerziell erfolgte Vermarktung beschwert. Sehr belebend wirkt in dieser Geschichte (wie in mehreren anderen auch) der Einbezug des „Fränkischen Dialektes“: … „Schau ner hi, der Dürrer is widda dou!“, sagt ein Mann mit unverkennbar Nürnberger Zungenschlag zu seiner Frau.“ … „Wos fürn Dürrer … Iich siech blous lauter gut genährte Menschen ...“
Die witzigen Satiren
„Auf den Hund gekommen“ und „Glasscherben“ entführen den Leser in die Tierwelt: Ein lustiger Hund stellt den Haushalt schier auf den Kopf und die Affen im Zoo betrachten die menschlichen Gaffer durch ihr gläsernes Verlies. Sie rasten förmlich aus und …

Überaus aufwühlend empfindet man als Leser Robert Unterburgers autobiografische Erzählung
„Winterbetrachtungen“. Allzu früh ist seine Frau verstorben, und so streift sein Blick wie so oft auch an diesem Wintertag wehmütig und voller Melancholie durch den verschneiten Garten, in dem er als Symbole des jäh vergangenen Sommers unter den Schneemassen noch die Umrisse des nie mehr benutzten Grills sowie der nicht weggeräumten Sonnenliegen auszumachen vermag.

Robert Unterburger ist es wieder einmal gelungen, den Leser mit seinen Erzählungen, Kurzgeschichten, Anekdoten und Satiren direkt anzusprechen, ihn zu erreichen und mit seinen abwechslungsreichen Themen und interessanten Handlungen „gefangen zu nehmen“. Dabei sind seine Geschichten aber nur vordergründig humorvoll-amüsant zu sehen. Stets dringt seine Fähigkeit, Dinge tiefgründig zu durchdenken, ihnen auf den Grund zu gehen, nicht nachzugeben, an die Oberfläche. Dabei deckt er auch Missstände unserer Gesellschaft auf, die ihn zutiefst bewegen und die er wortgewaltig anprangert. Er bezieht dabei eine eindeutige Stellung: „...Die ganze Welt ist ein Irrenhaus. … Da möchte ich nicht der einzige Normale sein ...“

Fazit: Man legt das Buch als Leser nur ungern aus der Hand und stellt es nach der Lektüre nicht unter abgehakt, gelesen und erledigt zu seinen zahlreichen Brüdern und Schwestern in den Schrank. Dazu ist es inhaltlich wie sprachlich einfach viel zu interessant und viel zu abwechslungsreich. Darüber hinaus wurde es von der Künstlerin Manuela Müller mit zahlreichen belebenden Zeichnungen passend illustriert:
Robert Unterburger im Rock vor seinem Auto … Albrecht Dürer im Gewand … die Affen machen Randale … ein filigraner Kirschbaum ... Selbstportäts … und...und... und.
Und … da ist noch das außergewöhnliche Titelfoto.
Also: Weitersagen!


Karl-Gustav Hirschmann




(Robert Unterburger, „Müßiggang und Hirnschmalz“, Erzählungen und Kurzgeschichten, 2011, erschienen in der Edition Knurrhahn im Thomas Rüger Verlag, Nürnberg, ISBN 978-3-932717-38-3, 134 Seiten, Preis: 9,90 €.
Das Buch ist in jedem Buchhandel, beim Autor unter 09176/ 1817 oder unter
unterburger-allersberg@t-online.de sowie direkt beim Verlag erhältlich.

Am besten ist er, wo er schräg wird - Robert Unterburger hat mit "Ganz weit weg" neue kleine Erzählungen veröffentlicht

Robert Unterburger gehört zu jenen, die seit vielen Jahren schreiben: Für die regionalen Zeitungen Berichte, was ihm den wenig geliebten Titel des „Kulturfuzzys“ eingebracht hat (und ihm auch nicht gerecht wird!). Darüber hinaus sind es Texte, die sich mit geschichtlichen bzw. heimatkundlichen Aspekten des Landkreises beschäftigen. In letzter Zeit ist das Gründungsmitglied der Autorengruppe Sonderzeit mit Erzählungen an die Öffentlichkeit gegangen, und schon folgt der nächste Streich. „Ganz weit weg“ heißt der Band, der Kurzgeschichten versammelt, oder besser: kleine Erzählungen. Sehr unterschiedliche Texte hat der 54jährige Hauptschullehrer aus Allersberg in diese Sammlung gegeben, überwiegend skurrile Geschichten, die dem Leser bekannte wie unbekannte Inhalte liefern. Am besten ist Robert Unterburger dort – und das schon immer – wo er richtig „schräg“ wird und das Skurrile auf die Spitze treibt oder auch dort wo er bei seinem „historischen“ Leisten bleibt. Er kann es durchaus: Lustig schreiben, sarkastisch mitunter, mit feiner Ironie, witzig und dann auch wieder derb, fränkisch-knuffig. Der Leser findet Geschichten, wie beispielsweise jene, wo der Erzähler sich im Dunkel mit einer Holzfigur balgt oder jene, in der ein Volltrottel versucht, einen Banküberfall zu begehen. Stark ist Unterburger aber auch eben dort, wo er die Geschichten mit Geschichte füllt, wie in „Burg Abenberg oder Meine Suche nach Romantik“. Genau das ist seine Nische, hier spürt man, dass er sich wohlfühlt, und kein anderer Autor ist in diesem Komplex so präsent und mit fundiertem Wissen ausgestattet wie er. Schade, dass diese Geschichten nicht häufiger von ihm kommen und nicht eine größere Zahl in dem Buch zu finden ist. Stattdessen – leider – irritiert er den Leser mit melancholischen Abgründen, die definitiv keine Kurzgeschichten sind und auch keine Erzählungen, sondern in andere, zugesperrte Schubladen gehören. Das Haar in der Suppe ist aber nicht unappetitlich genug, dass es den Lesespaß insgesamt vergällen würde, denn nahezu jedes Buch weist ein solches Haar auf. Robert Unterburger schreibt ohne Schnörkel, gerade und frei, er hat weder Zeit für intensive Beschreibungen noch einen Sinn für Geschwurbel und er schreibt, ohne sich insgesamt lange aufzuhalten. Das treibt die Geschichten voran mit einigem Tempo und ist angenehm wie für Kurzgeschichten typisch, lässt sie aber auch manchmal hinter ihren Möglichkeiten zurückbleiben. Nicht nur einmal würde sich der Leser sogar ein wenig mehr Tiefgang wünschen, den diese und jene Geschichte verdient und auch gebraucht hätte. So verkümmern witzige Ideen an der Oberfläche, was mehr als schade ist, denn der Autor könnte (!) anders. Aber andererseits ist das, was Unterburger mit „Ganz weit weg“ vorlegt, gemessen an seinen bisherigen Veröffentlichungen und seinem eigenen Stil konsequent, und insofern gibt’s dann auch kaum etwas zu mäkeln, denn die Redlichkeit des Autors vor sich selbst ist das Maß der Dinge. Fazit: Könnte unterm Weihnachtsbaum Freude bereiten!

GERD BERGHOFER
Roth-Hilpoltsteiner Volkszeitung (RHV)


Ganz weit weg, Kurzgeschichten, verlegt in der Edition Knurrhahn im Thomas Rüger Verlag, ISB 978-3-932717-31-4, broschiert, 150 Seiten, Preis: 8 €.

Torturmlesung begeisterte die Zuhörer

ALLERSBERG - Zu einer Lesung luden die vier Autoren Thomas Rüger (Nürnberg), Robert Unterburger (Allersberg), Heike Reiter (Roth) und Barbara Lorenz (Schwabach) im Rahmen des Kulturprogramms der Marktgemeinde Allersberg in den gemütlichen Torturm. Es war die dritte gemeinsame Lesung der vier Autoren, die auch die diesjährige Barockgartenlesung in Roth bestritten hatten. Die Besonderheit der Torturmlesung darin lag, dass die Geschichten der Autoren extra für den Ort des Geschehens geschrieben wurden.
Nach der Begrüßung durch die Leiterin des Verkehrsamtes, Gerlinde Grüner, führte Thomas Rüger, der sich selbst als „Mittagspausenverleger“ bezeichnet, humorvoll durchs Programm. Aufgelockert wurden die Vorträge durch die Musiker Rudi Götzfried (Klavier) und Katharina Malbeck (Querflöte), die beschwingte Klassik darboten.
Robert Unterburger unterhielt die Zuhörer mit einer wahren „Nachttopfgeschichte“ in Allersberg um das Jahr 1920. Protagonistin Frau Lang, die im Erdgeschoss des Torturms wohnt und von allen nur „Die Lange“ genannt wird, wehrt sich der ruhestörenden Kinder, die sich nebenan lautstark auf dem Eis des Spitalweihers vergnügen, mittels gefülltem Nachttopf. Was anfänglich gut klappt, erweist sich jedoch als Bumerang und so wird sie zum Ende der Geschichte im wahrsten Sinne des Wortes auf den Boden der Tatsachen geholt.
Robert Unterburger hat sich diese Geschichte von einer alteingesessenen Allersbergerin erzählen lassen und für diesen Abend ausgeschmückt.
Thomas Rüger sah in die Zukunft, genau genommen in das Jahr 2023. Nach Unruhen und Protesten, entstanden durch die ICE-Trasse, bzw. einem Leck in der Fäkalienspüle und der damit eingehenden Verseuchung des Spitalweihers, entsteht in Torturm die Zentrale der Aufständler. Schließlich wird die URA gegründet, die Unabhängige Republik Allersberg. Ab 1.1.2023 gilt die neue Währung „Böckeler“ (1 Böckeler entspricht 1,9865 Euro), alte Bekannte, die eigentlich längst in Rente sind, werden neue Aufgaben übernehmen und schließlich prangt sogar die UNO-Urkunde am Torturm.
Nach der Pause und weiteren musikalischen Einlagen las Heike Reiter „Der Schatz im Tortum“ , eine sehr tiefsinnige Geschichte vom immer ängstlichen Thorsten, der seiner Frau Irma Mut beweisen will und sich für eine Nacht im Torturm einsperren lässt , um den sagenumwobenen Schatz zu finden.
Dort trifft er auf Magdalena, ein sehr modernes Gespenst, die ihm den wahren Schatz des Lebens zeigt : Den Schatz der Erinnerungen, einmal der Stärkere zu sein und seine Angst zu besiegen.
Zum Abschluss entführte Barbara Lorenz in einen Torturm voller Leben, quirliger Kinder, leckerer Essensdüfte und liebevoller Menschen, die Willi Merseburger, so auch der Titel der Geschichte, einem Zimmermann auf Walz, eine heimelige Zuflucht bieten und ihm für eine Nacht ein Stück Heimat schenken. Als kleine Zugabe trug Robert Unterburger ein kurzes Schreiben des Allersberger Verschönerungsvereins aus dem Jahr 1952 vor, in dem der Verein den Marktgemeinderat bat, er möge doch dafür Sorge tragen, dass „das abscheuliche Vorgärtchen mit dem Aborthäuschen vor dem Torturm“ entfernt werden möge. Dieser Brief rief bei den Zuhörern ein Schmunzeln hervor, zeigt er doch, wie wenig einladend es früher vor dem Torturm ausgesehen hat.
Erzählt das Mauerwerk des Allersberger Torturm schon selbst Geschichten, so tragen seine Mauern nun vier neue, ganz unterschiedliche Werke, alle auf ihre Art spannend und kurzweilig. So konnte man nach dieser Veranstaltung in die Nacht hinaustreten, den Kopf voller Gedanken und merkte gar nicht mehr, wie kalt es eigentlich geworden war.

KATHARINA STORCK

Geschichten über das Leben vor dem Tod

Rezension von Gerd Berghofer zum neuesten Buch von Robert Unterburger “Geschichten über das Leben vor dem Tod”