Deutsche
Kleinwagen
"
Wer den Tod nicht
scheut, fährt Lloyd", "
Wer
das Leben über hat,
kauft sich einen Goliath" oder "
Mach-hoch-die-
Tür-Auto".
Solche Sprüche verdeutlichen, dass die hier vorgestellten
Kleinautos zwar beliebt, jedoch keine vollwertigen Autos im
eigentlichen Sinne waren. Die Anschaffungskosten lagen gegenüber einem
richtigen Auto um einiges niedriger, doch das erkauften
sich die Besitzer eines Kleinstwagens häufig mit gewissen
Einschränkungen in der Ausstattung. Irgend etwas fehlte bei
den meisten Kleinautos. Entweder besaß der Wagen keinen
Kofferraum samt Kofferraumklappe, hatte keine Fensterheber, oder nur
eingeschränkte Türen. Unter Umständen hatte er statt eines
Lenkrads auch nur ein Steuerknüppel oder - und das
war meist ausschlaggebender - es stand nur wenig Platz
zur Verfügung.
Dennoch gab es unzählige Fahrzeuge, die sich in Deutschland
starker Beliebtheit erfreuten, vor allem, weil die
Kleinautos häufig mit dem alten "4er", dem
Mopedführerschein ohne Zusatzprüfung gefahren werden
konnten. Außerdem macht Not erfinderisch, weshalb
es teils sehr skurrile Fahrzeuge auf Deutschlands Straßen schafften.
Heute zählen die noch vorhandenen Kleinautos zu absoluten
Raritäten und erzielen in Fach- und Liebhaberkreisen zum Teil exorbitante
Preise. Wohl auch deshalb, weil nur sehr wenige dieser
Wägelchen das 20. Jahrhundert mangels Pflege und schlechter
Verarbeitung überlebt haben. Zu den beliebtesten Fahrzeugen
zählten die BMW "Isetta" und das Goggomobil, aber auch andere
Kleinwagen wie der Kleinschnittger F 125, der Victoria "Spatz", der
Zündapp "Janus" oder das "Fuldamobil" hatten ihren Platz auf
Deutschlands Nachkriegsstraßen.
Das Goggomobil
Nachdem der Absatz von Rollern im Jahr 1955 stagnierte,
entwarf Hans
Glas zusammen mit seinem Sohn ein eigenes Modell für einen
Kleinwagen. Das Auto war von Anfang an für vier Personen
konzipiert, auch wenn die Platzverhältnisse auf der
Rücksitzbank sehr beengt waren. Das "Goggomobil" sollte
anfangs
wie die "Isetta" mit einer Fronttür versehen werden, doch man
einigte sich später auf Seitentüren, die dem Fahrzeug
ein
viel gefälligeres und einem Auto entsprechendes Aussehen
gaben. Das Goggomobil gab es mit einem 2-Zylinder Zweitaktmotor in
verschieden
starker
Motorisierung (von 250 - 400ccm), sowohl als viersitzige Limousine als
auch als zweisitziges Coupe. Insgesamt liefen bis zur
Übernahme des Werkes von BMW und der Einstellung der
Produktion im
Jahre 1969 ca. 280.000 Fahrzeuge vom Band. Dabei wurde die Produktion
noch nicht einmal wegen mangelnder Nachfrage eingestellt, sondern
vielmehr benötigte BMW die Fertigungsstraße für eine andere
Fahrzeugelinie. Das "
Goggomobil"
gilt
als das weltweit am meisten
produzierte Kleinauto.
Die
BMW "Isetta"
Sie gehört mit zu den bekanntesten Fahrzeugen der deutschen
"Wirtschaftswunder-Zeit". Mit den Kosenamen "Knutschkugel" oder als
"Mach hoch die Tür Auto" bezeichnet, wurde die "Isetta" von
BMW in
Lizenz produziert. Ursprünglich baute die italienische Firma ISO
dieses Fahrzeug. Allerdings war sie mit dem Konzept nicht erfolgreich, so
dass sie die Lizenzen ins Ausland vergab. Anders hingegen in
Deutschland, hier wurde die Isetta offensiv, teilweise durch den Einsatz
berühmter
Filmstars,
beworben. So kam es, dass sich das unkonventionelle Vehikel schnell großer
Beliebtheit erfreute. Durch seinen
ungewöhnlichen Fronteinstieg, mit der nach oben klappenden
Lenksäule, hatte das Fahrzeug nur eine Länge von 2,25
m.
Damit eignete es sich besonders als kleiner Flitzer für die
Innenstädte. Als größter Nachteil entpuppte
sich
allerdings das eingeschränkte Platzangebot für nur
zwei
Personen. Erst mit Einführung des Modells "600" konnten mehr
als
zwei Fahrgäste befördert werden. Obwohl das Fahrzeug
sehr
beliebt war, konnte BMW aufgrund des niedrigen Preises keine
großen Umsätze erzielen. Die "Isetta" war anders als
das
ISO-Original mit dem aus dem Motorradbau bewährten 250 ccm
Viertaktmotor ausgerüstet. Die Fronttür hatte einen
besonderen Schließmechanismus, der ein fast lautloses
Schließen der Tür ermöglichte. Von der
"Isetta" wurden
in der zweisitzigen Variante von 1955-1962 ca. 74.300 Stück,
vom
viersitzigen Modell "600" noch immer rund 35.000 Stück hergestellt. Die
Höchstgeschwindigkeit lag bei ca. 85 km/h bei einer Leistung von 14/19 PS.
Gegenüber dem erfolgreicheren "Goggomobil" konnte sich die
"Isetta" jedoch nicht durchsetzen.
Der
Zündapp
"Janus"
Auch die bereits erwähnte Firma Zündapp versuchte
sich seit
1956 auf dem Sektor des Kleinwagenbaus zu etablieren. Basierend auf den
Erkenntnissen der
Motorradherstellung und in Zusammenarbeit mit Claudius Dornier
entwickelten die Nürnberger ein sehr eigenwilliges
Gefährt,
bei dem sowohl die Front als auch das Heck fast identisch ausgebildet
waren. Der Einstieg erfolgte jeweils über die Front- bzw.
die
Heckseite und die Insassen saßen Rücken an
Rücken.
Dabei konnte es dann schon mal vorkommen, dass den Fahrgästen
in
Gegenrichtung stark übel wurde. Der
ausgereifte Motor und das gut abgestimmte Fahrwerk sorgten für
eine angenehme Straßenlage. Benannt wurde das Fahrzeug nach
dem
römischen Gott mit den zwei Gesichtern, was geradezu auf den
Wagen
zugeschnitten war. Vorgesehen war eine Produktion von 12.000 Fahrzeugen
pro Jahr, doch konnte sich das Fahrzeug gegenüber der
Konkurrenz
nicht behaupten. Insgesamt wurden lediglich 1731 dieser Kleinwagen
produziert, bevor das Werk nach seinem Verkauf im Jahr 1958 die
Fertigung dieses Wagens einstellte. Der Janus hatte einen 14 PS starken
1-Zylinder Zweitaktmotor und entwickelte eine
Höchstgeschwindigkeit von 85 km/h.
Der
Kleinschnittger F 125
Paul Kleinschnittger sammelte über 10 Jahre lang Schrott, aus
dem
er sich ein Auto bastelte, welches sogar eine Zulassung erhielt.
Zusammen mit einem Hamburger Kaufmann gründete Kleinschnittger
eine Automobil GmbH und produzierte seinen Roadster Modell "F 125" ca.
3000 mal. Der Wagen wog nur zwischen 120 und 150 kg, besaß
einen
1-Zylinder
Zweitaktmotor mit 4,5 PS Leistung und einer
Höchstgeschwindigkeit
von 70 km/h. Das geringe Gewicht erzielte der Wagen weil konsequent auf
überflüssige Details verzichtet wurde. Mittels eines Seilzugs, wie bei
Benzinrasenmähern, konnte der Wagen angelassen werden.
Das ersparte den Einbau einer Batterie und des Anlassers. Es gab nicht
einmal einen Wagenheber. Im Falle einer Panne wurde empfohlen den
Wagen
anzuheben, auf die Knie abzusetzen und dann den Reifenwechsel
durchzuführen (siehe auch Bild). Damit erinnerte dieser
Kleinwagen
mehr denn je an ein Spielauto. Allerdings besaß das Auto einen
ausgesprochen
robusten Motor und
Laufleistungen über 130.000 km waren keine Seltenheit. Als sich immer mehr
Menschen richtige Autos leisten konnten, wurde die Produktion mit dem Jahr
1957
eingestellt.
Das Fuldamobil
Dieser Wagen hatte seinen Ursprung im Wohnwagenbau. Seine Karosserie
bestand aus Holz mit aufgenagelten Blechen. Bereits 1950 begann man mit
der Produktion. Insgesamt sind 700 Exemplare des Fuldamobils hergestellt
worden. Das Kleinstauto hatte einen 8,5 PS starken 1-Zylinder
Zweitaktmotor und hatte einge Höchstgeschwindigkeit von 80
km/h.
Die Produktion lief bis 1955. Danach wurde die Fertigung in Deutschland
aufgrund mangelnder Rentabilität eingestellt.
Der Gutbrod "Superior"
Die Firma Gutbrod hatte bereits in den 30er Jahren Zweiräder
und
einen Kleinwagen gefertigt. Nach dem Krieg übernahm der Sohn
Walter Gutbrod das Unternehmen und stellte ebenfalls ein Kleinauto, den
Gutbrod "Superior" her. Bis zum Jahr 1954 ist das Auto in
unterschiedlichen
Varianten 7.000 mal produziert worden. Dabei besaß das Modell "700 E" die
erste serienmäßige Benzineinspritzung in einem deutschen Auto.
Alle
Modelle waren mit einen 2-Zylinder Zweitaktmotor ausgestattet. Die PS-Zahl
belief sich modellabhängig zwischen 20 und 30 PS. Die Geschwindigkeit lag
bei 100 bis 120 km/h. Der "Superior" konnte sich aber nicht gegenüber
einer
starken Konkurrenz am Markt behaupten. So meldete die Firma bereits 1953
einen
Vergleich an. Die Restbestände wurden schließlich noch bis 1954 verbaut
danach ging das Werk in der Konkursmasse an die Firma
Bauknecht über.
Der
Victoria "Spatz"
Keinem anderen Kleinwagen als dem "Victoria Spatz" wird die Ehre zuteil,
der erste deutsche
Serienwagen mit einer Kunststoffkarosse zu sein. Der als "
Sportwagen"
konzipierte kleine Flitzer besaß sogar einen
Mittelmotor. Leider verlor das
Fahrzeug in der Prototyp-Version auf einem Feldweg zunächst einmal
Hinterachse samt Motor. Das lag daran, dass der Wagen
ursprünglich
keinen Rahmen hatte und die Achse direkt an der Kunststoffkarosserie
befestigt war. Doch auch dieses Problem konnte rasch beseitigt werden. Mit
einem aufknüpfbaren Faltdach und ohne Türen war der
Einstieg
vor allem bei schlechtem Wetter in das Auto geradezu Schwerstarbeit.
Die vordere Partie des Fahrzeugs war flach gehalten und beherbergte
einen langezogenen Kofferraum. Die Sitzbank bot Platz für drei
Personen. Der "Spatz" besaß eine Lenkradschaltung. Der 10 PS
starke 1-Zylinder Zweitaktmotor erreichte jedoch nur eine
Höchstgeschwindigkeit von 75 km/h. Zudem neigte der Wagen
wegen
der Kunststoffkarosse und teils mangelhafter Verarbeitung der
Kraftstoffleitungen zur Selbstentzündung.
Bei Vorführungen gingen einige Wagen sogar vor geladener
Presse in
Flammen auf - ganz schön peinlich. Dafür konnte der Wagen
rückwärts genauso
schnell wie vorwärts fahren. Das lag daran, dass man den Drehsinn des
Motors zu ändern wusste, weshalb der Wagen auch vier
Rückwärtsgänge besaß. Allerdings
liegen keine
Überlieferungen vor, ob dieses "Kunststück" je ein Fahrer versucht hatte.
Ca.
1.600 Stück dieser
Fahrzeuge wurden von 1955-1958 produziert, dann war auch dieses kuriose
Kapitel
deutschen Automobilbaus Geschichte.
Darüber
hinaus gab es noch unterschiedliche, kettengetriebene Lastenroller oder
Dreiräder der
Marke "Tempo"
oder "Goliath",
die aus dem Erscheinungsbild der 50er
Jahre nicht wegzudenken sind. Auch die Firma Glas baute einen
Kleintransporter
um anfallende Gütertransporte auf der Straße bewegen
zu
können. Das "Tempo"-Dreirad ist übrigens der
erfolgreichste
Kleintransporter der Welt. Er wird heute noch in Indien unter dem
Namen "Banja" produziert. Interessant ist der Antrieb, der wie bereits
erwähnt, mittels
einer Kette vom Frontmotor auf die Hinterachse übertragen wird.
Die
Bilder, Marken und Logos sind Eigentum der jeweils genannten
Hersteller