Motor-
und Kabinenroller aus
Deutschland
Die fünfziger Jahre waren in Deutschland das Jahrzehnt des
Motorrollers. Mit ihm wurde die Motorisierung des kleinen Mannes
eingeläutet. Im Folgenden sollen hier einige typischer
Vertreter dieser Gattung
vorgestellt werden, die damals genauso dazu gehörten, wie die
"Milchbar" oder der "Tanztee". In der Anschaffung günstig, im
Verbrauch sparsam (durchschnittlich 2-3 Liter auf 100km), und
mit
einer Leisung zwischen 5 und 10 PS motorisiert, war der Roller ein
bevorzugtes Fortbewegungsmittel. Darüber hinaus konnte er
sogar
mit einem Beiwagen ausgerüstet werden und bot somit noch mehr
Komfort. Allerdings besaß der
Roller einen großen Nachteil. Er bot bei schlechter Witterung
nur
einen unzureichenden Schutz. Lediglich die überdachten
Kabinenroller, als Lückenfüller zwischen Auto und
Kleinwagen
hatten diesbezüglich einen gewissen Vorteil zu bieten. Die
Geschwindigkeit der unterschiedlichen Roller belief sich, je nach
Ausstattung, um die 60-90
Stundenkilometern. Preislich lagen sie zwischen 1.200 und 1.600
DM, die Kabinenroller zwischen 2.500 und 2.800 DM und bildeten somit
eine wirkliche Alternative zu teuren "Vollwert-Automobilen". Mit den
Rollern begann in der Bundesrepublik der fünfziger Jahre die
Massenmotorisierung.
Bekanntlich leben Totgesagte ja
länger. Der Motorroller ist auch heute noch gefragtes
Fortbewegungsmittel und hat in den letzten Jahren geradezu eine
Rennaisance erlebt. Dabei wird zum Teil gezielt auf einen Retro-Look
zurück gegriffen, der in dem einen oder anderen gewisse
Erinnerungen an früher wecken dürfte. Tja, manche
Moden wiederholen sich eben immer wieder...
Hier nun eine kleine Auswahl der bekanntesten deutschen
Roller-Hersteller und ihrer Fahrzeuge.
Die
Vespa
Der Roller Nr. 1, die "Vespa" wurde vom rheinländischen
Fabrikanten Hoffmann
seit 1950 in Lizenz hergestellt. Gesetztes Ziel dieser Firma war es,
das Fahrrad als Massenfortbewegungsmittel in Deutschland von seinem
Platz zu verdrängen. Mit einem Einstiegspreis von 1.200 DM war
die
"Vespa" einer der günstigsten Roller. Der
1-Zylinder-Zweitakt-Motor leistete 4,5 PS und hatte eine
Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h. Alleine im Jahr 1951 wurden
ca.
12.000 Motorroller dieser Marke produziert.
Der
Heinkel "Tourist"
Nach Ende des 2. Weltkriegs war es den deutschen
Flugzeugkonstrukteuren
aufgrund eines alliierten Erlasses untersagt, weiterhin Flugzeuge zu
bauen. Da die Produktionsgeräte und -stätten sowie
das
nötige Know-how vorhanden waren, suchte man nach neuen
Betätigungsfeldern. Die anstehende Motorisierung in
Deutschland
bot ein geeignetes Wirkungsfeld. Deshalb nahm Ernst Heinkel als
ehemaliger Flugzeugbauer im Jahre 1953 den Bau seines Rollers auf. Der
Heinkel Roller besaß einen ausgereiften Viertakt-Motor und
die
Nachfrage war so groß, dass bereits 1954 ein neues Werk
eröffnet werden musste. Der "Tourist" eignete sich nicht nur
für längere Reisen, sondern galt auch im Motorsport
als
gefragtes und geschätztes Fahrzeug. Der 1-Zylinder Viertakter
leistete 9,2 PS und brachte es auf eine Höchstgeschwindigkeit
von
80 km/h. Der Heinkel Roller war so beliebt, dass er bis 1965 produziert
wurde.
Die
Zündapp "Bella"
Als erfolgreichster deutscher Roller-Produzent kann mit Fug
und Recht
die Nürnberger Firma Zündapp bezeichnet werden. Das
Modell
"Bella" entstammte nicht dem Ur-Rollertyp, der "Vespa", sondern war
eine eigene, aus der Motorradentwicklung kommende Entwicklung. Die
"Bella" galt lange Zeit als der weltweit fortschrittlichste Rollertyp.
Von 1952-1962 wurde sie produziert und nahm eine herausragende
Stellung im deutschen Markt ein. Als Extra-Ausstattung konnte der
Roller auch mit elektrischem Starter und einem Beiwagen ausgestattet
werden. Insgesamt wurden mehr als 150.000 Fahrzeuge hergestellt. Der
1-Zylinder Zweitaktmotor brachte eine Leistung von 7-10 PS und eine
Höchstgeschwindigkeit zwischen 80 und 90 km/h.
Die Dürkopp "Diana"
Die Bielefelder Firma Dürkopp, heutzutage spezialisiert auf
Industrie-Nähmaschinen, stellte eigentlich Motorräder
und
-roller her. Eines ihrer Produkte war die "Diana". Ein
formschöner
Roller, der 200ccm Hubraum besaß und wahlweise auch mit
Leerlaufschaltung und elektrischem Anlasser zu erwerben war.
Desweiteren hatte die "
Diana"
wesentlich
größere
Räder,
was für einen besseren Lauf sorgte. Seit 1954
wurde der Roller im Stammwerk in Bielefeld produziert. Er hatte eine
luxuriöse Ausstattung und besaß zudem ein
patentiertes
Verfahren bezüglich der Motorlagerung. Nach nur 888
produzierten
Fahrzeugen wurde jedoch die Herstellung des Rollers eingestellt.
Der
Goggo-Roller
Der Landmaschinenfabrikant Hans Glas aus Dingolfing erkannte
frühzeitig, dass mit Rollern und Kleinwagen ein hervorragendes
Geschäft zu machen war. Zusammen mit seinem Sohn und einem
früheren Flugzeugkonstrukteur begann er seit 1951 mit der
Produktion von Rollern. Zwischen 1951 und 1954 stellte seine Firma
zwischen 47.000
und 60.000 Roller, zum Teil auch als Lastenroller, her. Das
Modell gab es mit unterschiedlicher Motorisierung und gegen Aufpreis
auch mit einem Seitenwagen. Die PS-Leistung betrug je nach Modell
zwischen 5 und 9 PS bei einer Höchstgeschwindigkeit von 60-90
km/h.
Nach 1954 verlegte sich Hans Glas auf die Produktion von Kleinwagen.
Mit dem "Goggomobil" schuf er eines der beliebtesten Kleinfahrzeuge auf
dem deutschen Markt, der sich bis weit in die sechziger Jahre behaupten
konnte.
Der
Messerschmitt-Kabinenroller
Der Messerschmitt-Kabinenroller war schon augrund seiner
Formgebung ein
Unikum im deutschen Fahrzeugbau. Dennoch erfreute er sich
großer
Beliebtheit. Die ihm gegebenen Kosenamen wie "
Schneewittchensarg",
"
Käseglocke"
oder "
rollende Zigarre"
lassen erahnen, dass sich
dieses Gefährt stark von herkömmlichen Autos oder
Kleinwagen
unterschied. Der "Karo" konnte kaum verhehlen, dass es sich bei ihm um
eine aus dem Flugzeugbau stammende
Konstruktion handelte. Der Aufbau war
der Flugzeugkanzel der Me entnommen, statt Flügel erhielt die
Kanzel einfach Räder angebaut und auch ein Lenkrad
besaß
der Kabinenroller nicht, sondern er war mit einem Steuerhebel, wie in
einem Flugzeug ausgestattet. Es gab auch keine Türen, denn das
Dach wurde einfach, wie bei der damaligen Flugzeugkanzel
üblich,
einfach nach oben geklappt. Die Sitzanordnung für die zwei
Erwachsenen war hintereinander angeordnet. Die Bezeichnung "
Testpilot
der Straße" bekam mit diesem Gefährt eine ganz neue
Bedeutung. Da die Sitzposition ausgesprochen niedrig war, hatten Fahrer
und Beifahrer das Gefühl, als würden sie mit dem
Gesäß über den Asphalt schrammen. Vom
Aussehen glich
der Kabinenroller einer Zigarre und die
Vorderfront erinnerte an ein Froschgesicht. Dennoch behauptete der
Kabinenroller seinen Platz von 1953-1964 wurden insgesamt 67.000
"Karos" in unterschiedlicher Motorisierung produziert. Der
Kabinenroller hatte je nach Typ eine Leistung von 10-19 PS und
erbrachte Geschwindigkeiten von 60-125 km/h.
Der
Heinkel Kabinenroller
Neben dem "Tourist" baute Heinkel auch einen eigenständigen
Kabinenroller. Vom Aussehen ähnelte der Kabinenroller der
"Isetta", er war jedoch eine vollkommen eigene Konstruktion. Der
bereits aus dem "Tourist" bewährte 1-Zylinder Viertaktmotor
fand
auch bei Heinkels Kabinenroller Verwendung. Anders als die "Isetta" war
der Kabinenroller von Anbeginn für zwei Erwachsene und zwei
Kinder
konzipiert. Der Einstieg gestaltete sich allerdings schwieriger als bei
der "Isetta", weil beim Froneinstieg die Lenksäule feststand.
Zunächst hatte der Roller nur drei Räder aber
dennoch eine gute Straßenlage, doch die angesprochene
Kundschaft
misstraute dem Dreirad, so dass Heinkel dazu überging ein
viertes
Rad (Zwillingsrad) in der Hinterachse einzusetzen. Von großem
Nachteil war die starke Lärmentwicklung in der Fahrerkabine
aufgrund der sehr hohen Motorendrehzahl. Darüber hinaus
besaß das
Fahrzeug keinen Scheibenwischer, weshalb es bei schlechter Witterung so
gut wie nicht einsatzfähig war. Der Kabinenroller hatte, je
nach
Modell eine Leistung zwischen 9 und 10 PS mit einer Geschwindigkeit von
86 km/h. Insgesamt wurden rund 12.000 Stück produziert. Mit
dem
Tod von Ernst Heinkel wurde die deutsche Produktion dieser Fahrzeuge im
Jahr 1958 eingestellt.
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