Stefan Arold - Interessantes für Interessierte
Motor- und Kabinenroller aus Deutschland

Die fünfziger Jahre waren in Deutschland das Jahrzehnt des Motorrollers. Mit ihm wurde die Motorisierung des kleinen Mannes eingeläutet. Im Folgenden sollen hier einige typischer Vertreter dieser Gattung vorgestellt werden, die damals genauso dazu gehörten, wie die "Milchbar" oder der "Tanztee". In der Anschaffung günstig, im Verbrauch sparsam (durchschnittlich 2-3 Liter auf 100km),  und mit einer Leisung zwischen 5 und 10 PS motorisiert, war der Roller ein bevorzugtes Fortbewegungsmittel. Darüber hinaus konnte er sogar mit einem Beiwagen ausgerüstet werden und bot somit noch mehr Komfort. Allerdings besaß der Roller einen großen Nachteil. Er bot bei schlechter Witterung nur einen unzureichenden Schutz. Lediglich die überdachten Kabinenroller, als Lückenfüller zwischen Auto und Kleinwagen hatten diesbezüglich einen gewissen Vorteil zu bieten. Die Geschwindigkeit der unterschiedlichen Roller belief sich, je nach Ausstattung, um die 60-90 Stundenkilometern. Preislich lagen sie zwischen 1.200 und 1.600 DM, die Kabinenroller zwischen 2.500 und 2.800 DM und bildeten somit eine wirkliche Alternative zu teuren "Vollwert-Automobilen". Mit den Rollern begann in der Bundesrepublik der fünfziger Jahre die Massenmotorisierung.

Bekanntlich leben Totgesagte ja länger. Der Motorroller ist auch heute noch gefragtes Fortbewegungsmittel und hat in den letzten Jahren geradezu eine Rennaisance erlebt. Dabei wird zum Teil gezielt auf einen Retro-Look zurück gegriffen, der in dem einen oder anderen gewisse Erinnerungen an früher wecken dürfte. Tja, manche Moden wiederholen sich eben immer wieder...
Hier nun eine kleine Auswahl der bekanntesten deutschen Roller-Hersteller und ihrer Fahrzeuge.

Die Vespa

 Der Roller Nr. 1, die "Vespa" wurde vom rheinländischen Fabrikanten Hoffmann seit 1950 in Lizenz hergestellt. Gesetztes Ziel dieser Firma war es, das Fahrrad als Massenfortbewegungsmittel in Deutschland von seinem Platz zu verdrängen. Mit einem Einstiegspreis von 1.200 DM war die "Vespa" einer der günstigsten Roller. Der 1-Zylinder-Zweitakt-Motor leistete 4,5 PS und hatte eine Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h. Alleine im Jahr 1951 wurden ca. 12.000 Motorroller dieser Marke produziert.

verschiedene rollerDer Heinkel "Tourist"

 Nach Ende des 2. Weltkriegs war es den deutschen Flugzeugkonstrukteuren aufgrund eines alliierten Erlasses untersagt, weiterhin Flugzeuge zu bauen. Da die Produktionsgeräte und -stätten sowie das nötige Know-how vorhanden waren, suchte man nach neuen Betätigungsfeldern. Die anstehende Motorisierung in Deutschland bot ein geeignetes Wirkungsfeld. Deshalb nahm Ernst Heinkel als ehemaliger Flugzeugbauer im Jahre 1953 den Bau seines Rollers auf. Der Heinkel Roller besaß einen ausgereiften Viertakt-Motor und die Nachfrage war so groß, dass bereits 1954 ein neues Werk eröffnet werden musste. Der "Tourist" eignete sich nicht nur für längere Reisen, sondern galt auch im Motorsport als gefragtes und geschätztes Fahrzeug. Der 1-Zylinder Viertakter leistete 9,2 PS und brachte es auf eine Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h. Der Heinkel Roller war so beliebt, dass er bis 1965 produziert wurde.

Die Zündapp "Bella"

 Als erfolgreichster deutscher Roller-Produzent kann mit Fug und Recht die Nürnberger Firma Zündapp bezeichnet werden. Das Modell "Bella" entstammte nicht dem Ur-Rollertyp, der "Vespa", sondern war eine eigene, aus der Motorradentwicklung kommende Entwicklung. Die "Bella" galt lange Zeit als der weltweit fortschrittlichste Rollertyp. Von 1952-1962 wurde sie produziert und nahm eine herausragende Stellung im deutschen Markt ein. Als Extra-Ausstattung konnte der Roller auch mit elektrischem Starter und einem Beiwagen ausgestattet werden. Insgesamt wurden mehr als 150.000 Fahrzeuge hergestellt. Der 1-Zylinder Zweitaktmotor brachte eine Leistung von 7-10 PS und eine Höchstgeschwindigkeit zwischen 80 und 90 km/h.

 Die Dürkopp "Diana"

 Die Bielefelder Firma Dürkopp, heutzutage spezialisiert auf Industrie-Nähmaschinen, stellte eigentlich Motorräder und -roller her. Eines ihrer Produkte war die "Diana". Ein formschöner Roller, der 200ccm Hubraum besaß und wahlweise auch mit Leerlaufschaltung und elektrischem Anlasser zu erwerben war. Desweiteren hatte die "Diana" wesentlich größere Räder, was für einen besseren Lauf sorgte. Seit 1954 wurde der Roller im Stammwerk in Bielefeld produziert. Er hatte eine luxuriöse Ausstattung und besaß zudem ein patentiertes Verfahren bezüglich der Motorlagerung. Nach nur 888 produzierten Fahrzeugen wurde jedoch die Herstellung des Rollers eingestellt.

Der Goggo-Roller

 Der Landmaschinenfabrikant Hans Glas aus Dingolfing erkannte frühzeitig, dass mit Rollern und Kleinwagen ein hervorragendes Geschäft zu machen war. Zusammen mit seinem Sohn und einem früheren Flugzeugkonstrukteur begann er seit 1951 mit der Produktion von Rollern. Zwischen 1951 und 1954 stellte seine Firma zwischen 47.000 und 60.000 Roller, zum Teil auch als Lastenroller, her. Das Modell gab es mit unterschiedlicher Motorisierung und gegen Aufpreis auch mit einem Seitenwagen. Die PS-Leistung betrug je nach Modell zwischen 5 und 9 PS bei einer Höchstgeschwindigkeit von 60-90 km/h.
Nach 1954 verlegte sich Hans Glas auf die Produktion von Kleinwagen. Mit dem "Goggomobil" schuf er eines der beliebtesten Kleinfahrzeuge auf dem deutschen Markt, der sich bis weit in die sechziger Jahre behaupten konnte.

Der Messerschmitt-Kabinenroller

 Der Messerschmitt-Kabinenroller war schon augrund seiner Formgebung ein Unikum im deutschen Fahrzeugbau. Dennoch erfreute er sich großer Beliebtheit. Die ihm gegebenen Kosenamen wie "Schneewittchensarg", "Käseglocke" oder "rollende Zigarre" lassen erahnen, dass sich dieses Gefährt stark von herkömmlichen Autos oder Kleinwagen unterschied. Der "Karo" konnte kaum verhehlen, dass es sich bei ihm um eine aus dem Flugzeugbau stammende Konstruktion handelte. Der Aufbau war der Flugzeugkanzel der Me entnommen, statt Flügel erhielt die Kanzel einfach Räder angebaut und auch ein Lenkrad besaß der Kabinenroller nicht, sondern er war mit einem Steuerhebel, wie in einem Flugzeug ausgestattet. Es gab auch keine Türen, denn das Dach wurde einfach, wie bei der damaligen Flugzeugkanzel üblich, einfach nach oben geklappt. Die Sitzanordnung für die zwei Erwachsenen war hintereinander angeordnet. Die Bezeichnung "Testpilot der Straße" bekam mit diesem Gefährt eine ganz neue Bedeutung. Da die Sitzposition ausgesprochen niedrig war, hatten Fahrer und Beifahrer das Gefühl, als würden sie mit dem Gesäß über den Asphalt schrammen. Vom Aussehen glich der Kabinenroller einer Zigarre und die Vorderfront erinnerte an ein Froschgesicht. Dennoch behauptete der Kabinenroller seinen Platz von 1953-1964 wurden insgesamt 67.000 "Karos" in unterschiedlicher Motorisierung produziert. Der Kabinenroller hatte je nach Typ eine Leistung von 10-19 PS und erbrachte Geschwindigkeiten von 60-125 km/h.

Der Heinkel Kabinenroller

Neben dem "Tourist" baute Heinkel auch einen eigenständigen Kabinenroller. Vom Aussehen ähnelte der Kabinenroller der "Isetta", er war jedoch eine vollkommen eigene Konstruktion. Der bereits aus dem "Tourist" bewährte 1-Zylinder Viertaktmotor fand auch bei Heinkels Kabinenroller Verwendung. Anders als die "Isetta" war der Kabinenroller von Anbeginn für zwei Erwachsene und zwei Kinder konzipiert. Der Einstieg gestaltete sich allerdings schwieriger als bei der "Isetta", weil beim Froneinstieg die Lenksäule feststand. Zunächst hatte der Roller nur drei Räder aber dennoch eine gute Straßenlage, doch die angesprochene Kundschaft misstraute dem Dreirad, so dass Heinkel dazu überging ein viertes Rad (Zwillingsrad) in der Hinterachse einzusetzen. Von großem Nachteil war die starke Lärmentwicklung in der Fahrerkabine aufgrund der sehr hohen Motorendrehzahl. Darüber hinaus besaß das Fahrzeug keinen Scheibenwischer, weshalb es bei schlechter Witterung so gut wie nicht einsatzfähig war. Der Kabinenroller hatte, je nach Modell eine Leistung zwischen 9 und 10 PS mit einer Geschwindigkeit von 86 km/h. Insgesamt wurden rund 12.000 Stück produziert. Mit dem Tod von Ernst Heinkel wurde die deutsche Produktion dieser Fahrzeuge im Jahr 1958 eingestellt.


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