Mauer

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, sagte dereinst der Gottvater der Psychoanalyse Sigmund F. Und daher braucht er Mauern. Mauern, die sein Leben in Schranken weisen und den Blick in geordnete Bahnen lenken.
Den Rundumblick gönnen wir großzügigerweise manchen als niedere Tiere eingestuften Insekten.
Der Mensch strebt schon immer nach Höherem. Mit Flugzeugen werden kontinentale Distanzen zum Tagestrip.
Und doch bedarf es immer noch und immer wieder Mauern.
Jenseits des Limes wohnten dereinst die Barbaren. Heutzutage dienen Mauern der Abwehr und Abschottung. Sie sollen uns vor bösen Menschen mit hungrigen Bäuchen bewahren.
Die kommen einfach, obwohl wir sie gar nicht eingeladen haben.
Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, sagte dereinst der Gänsehüter Konrad L. Im Fußball gilt „mauern“ als probates Mittel gegen einen übermächtig erscheinenden Gegner.
Im Laufe unseres Erwachsenwerdens mauern wir uns auch immer mehr ein. Als Kind wollten wir noch Neues entdecken, träumten von fernen Ländern und Abenteuern.
Jetzt ziehen wir uns zurück.
Die sogenannten sozialen Netzwerke bescheren uns eine Unmenge an Freunden, mit denen wir gefahrlos in Kontakt treten können, ohne dass sie uns den Wohnzimmerboden versauen.
Permanent prasseln Nachrichten und Botschaften von jenseits der Mauern auf uns ein. Wir lesen sie aufmerksam und sind besorgt – besorgt darüber, wie lange die Mauern unsere Existenz noch schützen…