südpolmusic

Eine bairische Ich-AG

Das Etikett "Wider den Zeitgeist" heften sich, ob berechtigt oder eher aus wirtschaftlichem Kalkül, etliche Künstler an.
Die hohe Zeit des auch ökonomisch erfolgreichen Dialekt-Rocks mit Interpreten wie BAP oder Wolfgang Ambros ist schon lange vorbei.
Und doch bietet Mathias Kellner eine Rückbesinnung auf die eigenen Wurzeln auch in sprachlicher Art mit der CD-Veröffentlichung "Hädidadiwari".
Alltagsbetrachtungen auf Bairisch* könnte man dieses Album betiteln. "Hädidadiwari" ist ein geflügeltes Wort in Altbayern: Hätte, täte, wäre ich doch...
Es sind Lebensreflexionen und -beobachtungen, die durch die Verwendung des bairischen Dialekts nicht zur Attitüde werden, sondern an Authentizität gewinnen. Das Leben beschert Aufgaben, die zu lösen sind, denn - so resümiert Mathias Kellner im Titelsong" "Hädidadiwari ...das bringt nix".
Nach mehreren CD-Veröffentlichungen mit seiner Band "Kellner" steht mit dieser Solo-Veröffentlichung die akustische Instrumentierung mit Gitarre, Dobro, Banja und Ukulele im Vordergrund.
"Wieder a Dog" (Wieder ein Tag) ist mit den für den Künstler typischen Gitarrenriffs unterlegt und erzählt von der Langsamkeit und von der Lebenshaltung, die Dinge hinauszuschieben, bis der Tag vorüber ist und man wieder mal "gar nix g'schafft hod".
Durchaus meisterlich ist die Adaption des Robert Palmer Klassikers "Johnny & Mary"... von wegen Dialekt ist altbacken und unzeitgemäß!
Kellners Künstlerkarriere mutet ein bisschen wie die bayerische (bzw. bairische) Art der US-amerikanischen Tellerwäscher-Saga an. Der junge Mathias Kellner aus Regensburg beginnt seine musikalische Laufbahn wie aus dem Nichts. Nach seiner Schreinerlehre ist er arbeitslos. Kurz vor Hartz IV entwickelt der Hobbygitarrist aus der drohenden beruflichen Perspektivlosigkeit heraus die Idee, es doch mal mit der Musik zu versuchen. Und er geht dabei einen ungewöhnlichen Weg, der ihn zwar einiges an Überzeugungskraft kostet, doch am Ende hat er den Mann auf der Arbeitsagentur auf seiner Seite und gründet eine Singer/Songwriter-Ich-AG. Sein Business-Plan sieht vor, auch in den winzigsten Clubs der Republik aufzutreten, um sich und seine Musik bekannt zu machen.
Durch Vermittlung der bayerischen Liedermacherin Claudia Koreck landet er beim südpolmusic-Label. Und bekommt so 2008 die Chance, als Live-Support die Tournee von Katie Melua zu begleiten.
Bleibt abzuwarten, inwieweit die bairische Hinwendung die Karriere weiterhin befördert...


Mathias Kellner: Hädidadiwari
südpolmusic, 2014