Svavar Knútur

Musikalische Schätze jenseits von "Hu-Hu-Hu"

Die isländische Mannschaft hat sich im Kräftemessen mit den vermeintlich großen Fußballnationen bei der diesjährigen Europameisterschaft viele Sympathien erspielen können. Mit dem Mute der Verzweiflung hat sich der Underdog bis ins Viertelfinale gekämpft.
Als Sympathieträger erwiesen sich aber auch die isländischen Fans. Ihr dumpfes Hu-Hu-Hu-Siegesritual wirkte anfangs befremdlich, wurde dann aber als kuriose Bereicherung der Fankultur angesehen.
Auch der CD-Sampler "A Taste Of Beste! Unterhaltung - Vol. 2" mag beim ersten Anhören hin und wieder befremdlich klingen. Aber er bietet die Chance, nicht nur internationales Liedgut kennenzulernen, sondern auch wahre musikalische Schätze zu heben...und das zu einem Schnäppchen-Preis.
Eine lohnenswerte Entdeckung ist beispielsweise der isländische Künstler Svavar Knutur. Der Liedermacher aus dem Land der Gletscher und Geysire beschwört innere Dämonen und äußere Stürme. In seinen jüngsten Veröffentlichungen kehrt er eher die heiteren Seiten des Lebens hervor. Das Lied "Girl from Vancouver" mutet beim ersten Anhören wie ein albernes Liebeslied an. Aber der sprachliche wie musikalische Witz lohnt mehrmaliges Anhören... und man wird nicht nur mit vielen englischen Reimwörtern auf die Stadt "Vancouver" entschädigt.
Ein weiteres nordeuropäisches Stimmwunder ist sicherlich die von den Färöer-Inseln stammende Guðrið Hansdóttir. "You blossom like a Flowers" ist die stilvolle Vertonung eines ins Englische übersetzten Liebesgedichts von Heinrich Heine.
"Oh Lonesome Me" ...klingt wie Cowboy-Melancholie zu Wildwest-Zeiten; tatsächlich ist es ein Duo, dahinter verbergen sich die beiden stimmgewaltigen Musikerinnen Carina Schwertner und Anne Stabe. Zum Kennenlernen bietet der Sampler die Liebesballade "You only like me when you're drunk" an.

18 Lieder können auf diesem Sampler entdeckt werden, auf ein Lied sei als finaler Anspieltipp noch hingewiesen: "One amongst Others", unglaublich gefühlvoll von der isländischen Liedermacherin Myrra Rós vorgetragen.


"A Taste of Beste! Unterhaltung - Vol. 2" (Sampler)
Beste! Unterhaltung, 2016 (Direktbezug beim o.g. Label)

Isländische Zerbrechlichkeiten

Island? Eine Insel im hohen Norden mit weniger Einwohnern als beispielsweise Leipzig. Island? Für Fußballanhänger ein Land, das im vergangenen Herbst die durchaus sporthistorische Qualifizierung für die kommende Europameisterschaft erreicht hat.
Und das musikalische Potential Islands?
Der Sänger und Liedermacher Svavar Knútur gilt zwar als ein großer Fan der deutschen Sprache, aber sein jüngst erschienenes Album hat er trotzdem nicht nach einem Grundnahrungsmittel benannt.
"Brot" heißt auf Isländisch "das Zerbrechen". Im Titelsong der CD geht es darum, dass der Barde und sein kleines Boot es trotz widriger Winde und wuchtiger Wellen heil zurück an das Ufer geschafft haben. Um einen kurzen Moment des Atemholens zu genießen, bevor wieder die Segel zu neuen Abenteuern gesetzt werden.
Svavar Knútur zeigt sich durchaus bewandert in unterschiedlichen Musikstilen - von langsamen, getragenen bis zu rockigen Nummern. Sozusagen stilsicher zwischen den Stilen: mal ein sanfter Barde, mal ein unberechenbares Springteufelchen.
Sprachlich wechselt er zwischen Isländisch und Englisch. In "Girl from Vancouver" gibt er sich, um des Reimes willen, eher albern, während er in "Little Things" ein lyrisches Liebesbekenntnis abliefert, das die kleinen Besonderheiten der Liebsten in Augenschein nimmt.
Die musikalischen Variationen der zehn Lieder sind nicht nur in den wechselnden Tempi begründet. Sparsam dosierte Begleitung reiht sich an eine orchestrale Instrumentierung.
Der finale Song "Slow Dance" hat durchaus Anklänge an bekannte Stadionrockhymnen. Wie er dies im Livekonzert dann umsetzt, kann zum Beispiel am 12.02. in Berlin, am 13.02. in Leipzig und am 18./19.02. in Dresden verfolgt werden.
Svavar Knútur hat jedenfalls ein unüberhörbares Talent fürs Songschreiben.


Svavar Knútur: Brot
Nordic Notes, 2015